Ruanda wirft deutschem Botschafter Beleidigung vor

Ruanda wirft deutschem Botschafter Beleidigung vor
Charles Michel, Premierminister von Belgien, spricht bei einer Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Völkermords in Ruanda im «Camp Kigali».

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Vor wenigen Tagen gedachte Ruanda dem dunkelsten Kapitel seiner Geschichte: Dem Völkermord. Zu den Feierlichkeiten kamen Vertreter etlicher Länder – allerdings nicht der deutsche Botschafter.

Kurz vor dem 25. Jahrestag des Völkermords in Ruanda am vergangenen Wochenende ist der deutsche Botschafter in Kigali nach ruandischen Angaben nach Deutschland zurückbeordert worden. Der Diplomat Peter Woeste habe «beleidigende Bemerkungen über unser Land und den Präsidenten selbst» gemacht, sagte Olivier Nduhungirehe, der für die Ostafrikanische Gemeinschaft zuständige Staatssekretär im ruandischen Außenministerium, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Kigali. «Er wurde von seiner Regierung zurückberufen, nachdem wir das Thema mit ihr angesprochen hatten.»

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte auf dpa-Anfrage, Woeste sei «vor ein paar Tagen nach Deutschland zurückgekehrt». Ein Sprecher fügte hinzu, der Diplomat «hat die Interessen Deutschlands in Ruanda hervorragend vertreten. Zu seinen Aufgaben gehörte auch der Einsatz für Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit.» Außerdem sei der Botschafter Ruandas «zum Gespräch ins Auswärtige Amt gebeten» worden. Zum Inhalt des Gesprächs und zu den Hintergründen der Rückkehr des Botschafters äußerte sich das Ministerium nicht.

Kritik in E-Mail

Auch Nduhungirehe sagte nicht, um welche Bemerkungen des Botschafters es gehe. Die Tageszeitung «Die Welt» berichtete bereits in der vergangenen Woche, eine kritische Bemerkung in einer privaten E-Mail Woestes hätte zu politischen Spannungen zwischen Deutschland und Ruanda geführt, da diese an die Behörden gelangt war.

Der Botschafter verließ Ruanda dem Bericht zufolge am 31. März – eine Woche vor dem 25. Jahrestag des Genozids, dem am vergangenen Sonntag mit Feierlichkeiten in Kigali gedacht wurde. Daran nahm unter anderem der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler teil. Zudem waren EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Belgiens Regierungschef Charles Michel anwesend. Die deutsche Botschaft in Kigali wird derzeit laut Webseite von Renate Charlotte Lehner als Geschäftsträgerin geleitet.

Deutsche Vergangenheit

Ruanda war einst eine deutsche Kolonie, nach dem Ersten Weltkrieg wurde das ostafrikanische Land dann von Belgien kontrolliert, bis es 1962 die Unabhängigkeit erlangte. 1994 töteten Vertreter der Hutu-Mehrheit rund 800 000 Tutsi und gemäßigte Hutu. Das Massaker wurde beendet, als die im Exil von Tutsi gegründete Ruandische Patriotische Front (RPF) mit Paul Kagame an der Spitze aus Uganda einmarschierte.

Seitdem ist Kagame de facto – seit 2000 als Präsident – an der Macht. Unter ihm hat Ruanda eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt: Stabilität, großes Wirtschaftswachstum, sinkende Armut. Doch Kagame wird auch scharf kritisiert. Menschenrechtler prangern an, dass Meinungsfreiheit, Oppositionsarbeit und die Zivilgesellschaft stark eingeschränkt würden. Human Rights Watch zufolge werden kritische Journalisten sowie einfache Bürger immer wieder eingeschüchtert, festgenommen und selbst gefoltert.