Der Sozialdialog verdient Besseres, als eine Pflichtübung zu sein

Der Sozialdialog verdient Besseres, als eine Pflichtübung zu sein

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Ein Dialog bedarf bekanntlich zweier Partner. Bei einer Diskussionsrunde können es ruhig etwas mehr sein. Die Bedingungen waren am Mittwoch in der Handelskammer anlässlich der Sitzung „Jährlicher Sozialdialog: Europäisches Semester 2019“ gegeben. Doch eine „konstruktive Debatte“, wie Premierminister Xavier Bettel die Veranstaltung in seinem Schlusswort bezeichnete, sieht anders aus. Der Dialog beschränkte sich auf einige wenige Repliken in den letzten Minuten des Treffens, weil die eine Seite die andere falsch interpretierte, die Gegenseite sich missverstanden glaubte.

Da es keine Debatte war, bestand Luxemburgs „Europäisches Semester 2019“ aus einer Abfolge kurzer bis längerer Statements. Und da man aus Höflichkeit nicht gähnen soll, wurde während der Rede eines Gewerkschaftsvorsitzenden auf der Regierungsseite eifrig getuschelt und gekichert. Gut, der Mann hatte seine Redezeit maßlos überzogen. Und auch was er und seine Gewerkschafterkollegen später zu sagen hatten, wusste man bereits. Schließlich kennt man sich seit Jahren.

Aber mal ehrlich: Zu einem Dialog über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Landes, seine Entwicklungsperspektiven, einladen und dann jedem Redner zehn Minuten lassen? Wer derlei Zeitplan erstellt oder erstellen ließ, wollte vermutlich sagen, dass das mit dem Dialog doch nicht so ernst zu nehmen sei, oder aber kaum Interesse an den Argumenten der anderen Diskussionsteilnehmer bestand, da ja ohnehin alles bekannt ist. Schade, denn weder das eine noch das andere beabsichtigte wohl die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag des Europäischen Semesters vor knapp acht Jahren.

Was von der Sitzung am Mittwoch bleibt, ist der Eindruck einer lästigen Pflichtübung am frühen Morgen. 99 Prozent der Teilnehmer freuten sich aufrichtig, als das Ganze nach etwas mehr als zwei Stunden endlich zu Ende war. Der restliche Prozentpunkt weniger. Schließlich war noch das eine oder andere Minicroissant zu haben.