Wer eine übermächtige CSV verhindern will, muss die Sozialisten stärken

Wer eine übermächtige CSV verhindern will, muss die Sozialisten stärken

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«Hendiatris» ist in der Linguistik eine stilistische Drillingsformel. Nach dem «Jubel, Trubel, Heiterkeit» der Ferien ist Schluss mit «Friede, Freude, Eierkuchen». Die Luxemburger müssen nunmehr bis zum 14. Oktober «Pleiten, Pech, Pannen» erdulden.

Von Robert Goebbels

Zur Person 

Robert Goebbels ist ein ehemaliges Regierungsmitglied der LSAP und früherer Europaabgeordneter.

Die erste Pleite lieferte bezeichnenderweise die ADR. Die früher beamtenfeindliche Partei mutierte zum ultranationalistischen «Keepchen» höherer «Staatsdiener», welche nicht einmal die luxemburgische Flagge kennen. Auch sonst ist erstaunlicher Wandel zu verzeichnen. Die vormals weltgewandten Blauen sehen ihre Zukunft nur noch auf «Lëtzebuergesch». Das kann eng werden.

Die Grünen haben die Rettung des Planeten aufgegeben. Sie wollen «gutt liewen» in dem Land, das sie «gär hunn». Sicher soll man sein Land lieben. Selbst wenn unsere Sprache für eine Liebeserklärung mehrere Wörter benötigt. Doch das plötzliche «Heemecht»-Gedudel der Blauen und Grünen ist reinster Opportunismus, bleibt ein krampfhafter Surf-Versuch auf der populistischen Welle.

Der Wahlkampf zeichnet sich durch einen Schilderwald entlang der Straßen aus. Es ist unmöglich vom Auto, Bus oder Tram aus die tapferen Frauen und Männer zu erkennen, welche sich hoffnungsvoll den Wählern stellen. Bloß die Spitzenkandidaten winken mit einem erkennbaren Konterfei und einem lesbaren Namen.

Die Slogans sind von einer seltenen Nichtigkeit. Die Blauen sind «houfreg» auf unsere Kultur, gleichzeitig auf alle Kulturen. Den Luxemburgern soll es gar besser gehen als dem Land. Nach fünf Jahren DP im Unterrichtsministerium sollen endlich die «bescht Schoulen» kommen!

Die KP will bloß in «Opposition» machen. Sie ist in allen vier Wahlbezirken präsent, aber mit ihrem letzten Aufgebot an Süd-Genossen. Die «Piraten» haben als einzigen Programmpunkt ihren ewig erfolglosen Spitzenkandidaten. Die Linken wollen «Veränderung». Sagen nur nicht wie und mit wem.

Die CSV hat «einen Plan». Doch die neuen Planwirtschaftler sagen nicht, was im «Plang» steht. Die wie von Kinderhand gefertigten Zeichnungen auf den CSV-Plakaten ähneln Punkt-Komma-Strich-Männchen. Sie wirken entsprechend dürftig. Die Schwarzen wollen offensichtlich im Schlafwagen zurück an die Regierung. Vertrauend auf Meinungsumfragen, die sie im Aufwind sehen, lassen sich Wiseler und Co. auf keine konkreten Positionen ein.

Meinungsumfragen schaffen selbstnährende Erwartungen und beeinflussen das Verhalten aller Parteien. Die letztjährigen Kommunalwahlen gerieten zum konkreten Indikator. Zwar waren die CSV-Gewinne nicht berauschend. Dennoch biederten sich sofort zwei der drei Regierungspartner den Christlichen an. In Esch, Schifflingen, Monnerich und erneut in Bettemburg wurden die Sozialisten von Blauen wie Grünen zugunsten der CSV ausgebootet. In Differdingen tauschte der grüne Bürgermeister die Roten gegen die Schwarzen aus.

Das Phantom «Wählerwillen»

In der Hauptstadt erlitt Lydie Polfer Verluste. Ohne zu zögern, setzte sie ihre langjährigen grünen Partner vor die Tür, um mit der CSV zu koalieren. Der Hintergedanke bleibt durchsichtig. Es war eine Vorleistung, um ihre Partei als Junior-Partner in eine CSV-Regierung einzubringen. Derweilen reden offensichtlich vegane Pressemenschen eine fleischlose schwarz-grüne Koalition herbei. Bei diesen politischen Spielchen wird letztlich die Rechnung ohne die Wähler gemacht. Wobei der viel gerühmte «Wählerwillen» ein Phantom bleibt. Wahlresultate sind die Addition von sehr unterschiedlichen und oft widersprüchlichen «Wahl-Präferenzen» der Bürger. Der «Souverän» ist nicht aus einem Guss. Die Mehrheit der Bürger ist politisch wenig interessiert. Partei-Programme gehören nicht zur nationalen Bettlektüre.

Trotz der theoretischen Wahlpflicht entziehen sich regelmäßig einige 15% der Bürger der Stimmabgabe. Viele nutzen ihr Stimmrecht nicht voll aus oder verteilen ihre Stimmen quer durch den politischen Gemüsegarten: Je eine Stimme für Bettel, Schneider und Wiseler. Die Spitzenkandidaten dürfen sich freuen, doch politisch annulliert sich solches Stimmverhalten.

Das geliebte «Panaschieren» macht die Interpretation von Meinungsumfragen sehr gewagt. Deshalb bleibt der Wahlausgang ungewiss. Zumal die Mehrheit der politisch ungebundenen Wechsel-Wähler sich erst in den letzten Tagen oder gar in der Wahlkabine entscheidet. Wobei niemand weiß, welcher «merde alors»-Faktor letztlich den Ausschlag gibt. Auch wenn das Spektakel der Wahlkämpfer recht dürftig ist, wird der 14. Oktober zu einer Schicksalswahl.

Die gute nationale Wirtschaftslage kann angesichts der internationalen Herausforderungen schnell kippen.

  • Die Weltfinanz steht unter Druck. Einerseits gibt es zu viel Liquidität, welche kaum noch lohnende Investitionen findet. Andererseits müssen die Zentralbanken ihre Politik des leichten Geldes umpolen. Mit steigenden Zinsen werden viele gewagte Finanzkonstruktionen implodieren.
  • Die Weltwirtschaft wird zunehmend von Protektionismus und Handelskriegen gebremst. Die Globalisierungsgegner übersehen, dass bei einer steigenden globalen Bevölkerung es die internationalen Handelsströme sind, welche Millionen Menschen erlaubten, Hunger und Armut zu entrinnen.
  • Das von Trump angestrebte Embargo auf iranischem Erdöl wird unweigerlich zu Preissteigerungen bei Erdöl und Erdgas führen, mit negativen Folgen für Wirtschaft und Konsumenten. Die viel besungene «Dekarbonisierung» ist nicht für heute oder morgen, zumal der Energiebedarf der Menschheit weiterhin steigt. Allein die Apparate der Internet-Welt schlucken schon über 10% der weltweiten Stromerzeugung.
  • Die Europäische Union steht vor riesigen Spannungen. Die Migrationskrise ist nicht ausgestanden. Die Sicherung der gemeinsamen Außengrenzen, die angestrebte Kooperation mit den Staaten Afrikas zur Kanalisierung der Immigration wird politisch schwierig und sehr kostspielig.
  • Der Brexit wird zu einem ökonomischen Desaster für das noch Vereinigte Königreich, mit negativen Auswirkungen auf den Rest des Europäischen Binnenmarktes.
  • Das Pariser Klimaabkommen ist nicht zu finanzieren, selbst wenn die Amerikaner sich 2020 wieder zur notwendigen internationalen Solidarität bekennen sollten. Niemand weiß, wie die versprochenen 100 Milliarden Dollar jährlich verteilt und vernünftig investiert werden könnten.
  • Die UN-Vorgaben mit «17 nachhaltigen Entwicklungszielen», «169 Unterzielen» und «229 Indikatoren» bleiben selbst für Spezialisten unlesbar.

Wo man hinsieht, gibt es ernsthafte Probleme, aber kaum Lösungsansätze. Unser Land wird auch auf «Lëtzebuergesch» komplett abhängig bleiben von dem sich verschlechternden internationalen Umfeld.

Dominanz der Rechtspartei

Man kann nur den Kopf schütteln, wie sogenannte Ökologisten von Luxemburg aus die Welt «retten» wollen. Etwa hierzulande den Viehbestand halbieren, die Milchproduktion stoppen, nur noch lokale Produkte verzehren wollen. Oder die Mobilfunk-Antennen einem «strengen Monitoring» zu unterziehen, dies bei einer Million Handys in Luxemburg und 12 Milliarden weltweit.

Zehn Parteien konkurrieren am 14. Oktober. Wer für Konservative, Pseudo-Demokraten, Kommunisten, Piraten stimmt, verschenkt jeden politischen Einfluss.

Die so verlorenen Stimmen nützen letztlich der stärksten Partei, die bedingt durch unser Wahlsystem auf zusätzliche Rest-Sitze zählen kann. Was die Dominanz der Rechtspartei noch verschärfen wird.

Ein echtes politisches Gegengewicht zur CSV können nur die Sozialisten schaffen. Ob «déi Lénk» im nächsten Parlament mit einem, zwei oder drei Sitzen vertreten sind, wird an der Dominanz der CSV nichts ändern, womöglich aber die Sozialisten schwächen. Von allen Parteien haben die Sozialisten die jüngste Liste, mit vielen guten Talenten.

Etienne Schneider, Jean Asselborn, aber auch Nicolas Schmit und Romain Schneider ragen aus dem Grau der nationalen Politik-Klasse heraus. Die Sozialisten sind politisch bestens gewappnet, die Herausforderungen der nächsten Jahre zu meistern.

George Orwell schuf eine bedrückende Drillingsformel: «Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissen ist Stärke». Die Sozialisten stehen für Wissen, Freiheit und Frieden. Für Gerechtigkeit, Solidarität und Gemeinsamkeit. Liste 3, eben.

René Charles
2. Oktober 2018 - 16.07

CSV und LSAP haben ganze Dekaden lang gemeinsam regiert. Wie kann es sein, dass es gerade die CSV ist die jetzt als übermächtig gilt? Sollen wir jetzt aus Angst vor der übermächtigen CSV die LSAP massiv wählen? Wenn wir aber auch keine übermächtige LSAP wollen, was dann wählen? Gibt es einen "Berater" der sich damit befasst? Wann werden wir ihn hier lesen?

roger wohlfart
29. September 2018 - 9.59

Allein nur mit dem roten Bus durchs Land zu gondeln bringt es nicht. Bis heute habe ich noch keine LSAP Wahlbroschüre gesehen. Dazu muss man wahrscheinlich das Internet durchstöbern. Einziger Fund in meinem Briefkasten, das kostspielige Faltblatt einer Gemeindepolitikerin und Kandidatin, die im Alleingang Werbung für sich macht indem sie das wiederholt, was ihre Liste anlässlich der letztjährigen Kommunalwahlen veröffentlicht hatte, allerdings damals nicht unter der Bezeichnung LSAP. Ein solches Vorgehen nennt man Mannschaftsgeist. Was haben die bevorstehenden Landeswahlen mit den verflossenen Gemeindewahlen zu tun? Mich würde interessieren, welche konkreten Pläne besagte Kandidatin auf Landesebene zusammen mit ihrer Partei durchsetzen möchte.

Grober J-P.
28. September 2018 - 10.35

Muss mich leider wiederholen, auch die Sozialisten haben länger das große S auf dem Altar der Globalisierung geopfert, wie andere Parteien in Europa. Deshalb haben wir den Schlamassel mit den Rechten. Ist befremdend, dass die sogenannten Liberalen auch den rechten Blinker gesetzt haben. Wo sind die echten Programme welche sagen wie man in Zukunft verfährt. Nur schöne, geistreiche Texte .