Zu spät für die EU

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Nicht wenige Kommentatoren haben die Ankündigung des Rückzugs der deutschen Bundeskanzlerin von der CDU-Parteispitze mit der Befürchtung begleitet, mit dem sich daran anschließenden politischen Rückzug von Angela Merkel würde die Europäische Union einen Stabilitätsanker verlieren, eine Politikerin, die in entscheidenden Krisenmomenten die Ruhe bewahrte und für Mäßigung sorgte. Auch eine Möglichkeit, ihre notorische, von der deutschen Innenpolitik auf die europäische Bühne übertragene Haltung des Aussitzens von Problemen zu umschreiben.

Staaten existieren von sich aus, die EU hingegen muss zusammengehalten werden von engagierten Politikern, die sich über das bloße Regieren hinaus auch für die Idee einsetzen, die die Europäische Union ausmacht. Und je größer und gewichtiger ein Mitgliedstaat der EU ist, umso größer sind auch die Erwartungen an die führenden Politiker dieses Landes, diese Rolle wahrzunehmen. Angela Merkel hat diese Rolle nie angenommen. In den ersten Jahren ihrer Kanzlerschaft fremdelte sie sogar regelrecht mit der EU. Mit der Finanz- und Schuldenkrise wurde sie jedoch gezwungen, sich eingehender mit der europäischen Dimension zu befassen.

Doch auch da reagierte sie erst einmal aus rein nationalen Interessen: Mit ihrem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück wurden deutsche Banken gerettet, mit dessen Nachfolger Wolfgang Schäuble den EU-Staaten, allen voran Griechenland, ein finanzpolitischer Austeritätskurs verschrieben, der sich darauf beschränkte, deutschen Vorstellungen einer rigorosen Haushaltspolitik zu genügen. Erst in der Folge der sogenannten Flüchtlingskrise hat die Kanzlerin die EU vollumfänglich gefunden und fordert etwa Solidarität ein in der Frage der Umverteilung von Asylsuchenden. Immer aber tat Angela Merkel, wie bei der Euro-Rettung, nur das, was getan werden musste. Nie ging sie darüber hinaus und versuchte, Ansätze zu liefern, wie Europa gegenüber den verschiedenen Krisen, zu denen auch der Brexit sowie der grassierende Rechtspopulismus gehören, besser gewappnet werden könnte.

Es fragt sich daher etwa: Hätte Angela Merkel wie ihr politischer Ziehvater Helmut Kohl die D-Mark aufgegeben, um den Euro einzuführen? Nach all den Reaktionen, die seit über einem Jahr auf die Reformvorschläge des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron aus Berlin zu vernehmen sind, kann man davon ausgehen, dass die EU-Staaten noch immer mit ihren nationalen Währungen zahlen würden, wenn Angela Merkel in den damals entscheidenden Momenten Hausherrin im Kanzleramt in Berlin gewesen wäre. Denn die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion wird bei unseren deutschen Nachbarn vornehmlich aus einer kostenzentrierten Perspektive betrachtet. Der Gewinn an Stabilität, sicherlich auch Stärke und Regierbarkeit für die Währungszone wird dabei eher als nachgeordnetes Argument behandelt. Kohl hatte sich 1991, das große Ganze im Blick, über die Bedenken im eigenen Land hinweggesetzt. Merkel könnte das nicht tun.

Im Übrigen: Erst kommende Woche wird Angela Merkel im Europäischen Parlament in Straßburg ihre Europa-Rede halten, die, so dürfte man es sehen, die seit über einem Jahr erwartete deutsche Antwort auf die Reformvorschläge von Emmanuel Macron sein wird. Ob Angela Merkel nun allerdings noch gestaltend eingreifen wird, ist fraglich, ob sie noch das nötige Gewicht dazu hat, umso mehr. Für die EU könnte es zu spät sein.

Jak
6. November 2018 - 21.22

Es scheint keine Zukunft mehr zu geben nach Merkel. Die eiserne Lady der kleinen Schritte hat etwas Rost angesetzt. Ihre Kehrtwendungen in fast allen Bereichen sind bekannt. Atomkraft,Rettungsschirme,Mindestlohn usw. Immer erst nach der öffentlichen Meinung schauen und dann anpassen. " Gemeinsam müssen wir eine Lösung finden."- Oder " Wir müssen den Gürtel enger schnallen"-"Wir müssen die Chancen nutzen die die Globalisierung uns bietet." Und während dessen müssen Menschen Zweit-und Drittjobs annehmen um überhaupt über die Runden zu kommen. "Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze"- solchen Quatsch mussten die Leute sich lange anhören bis dann endlich die Löhne angepasst wurden. "Ein Mensch der 40 Stunden pro Woche hart arbeitet sollte von dem Lohn auch leben können,und zwar hier in Europa und nicht in Bangladesch."( V.Pispers) Kein Wunder,dass Nasen wie Don Salvini das Gebäude zum Wackeln bringen. Ein System das auf Konsum aufgebaut ist,sollte auch Konsumenten haben,sonst läuft der Karren nicht.

roger wohlfart
6. November 2018 - 16.44

Merkel hat zu lange ausgesessen. Wer zu spät kommt, bestraft das Leben!