Wenn Schüler selbst Konflikte lösen: Neue Peer-Mediatoren braucht das Land

Wenn Schüler selbst Konflikte lösen: Neue Peer-Mediatoren braucht das Land

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Vor einigen Tagen erhielten mehrere junge Menschen im Escher «Lycée Hubert Clément» ihr Zertifikat als sogenannter Peer-Mediator. Um was handelt es sich dabei? Das Tageblatt fragte bei Astrid Schorn, Psychologin beim Script («Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques»), nach.

Tageblatt: Was ist eigentlich Peer-Mediation?

Astrid Schorn: Die Mediation ist ein strukturiertes Verfahren zur Bearbeitung von Konflikten, in dem die Konfliktparteien selbstverantwortlich Lösungen zur Klärung des Streits finden. Es wird geleitet von einem Mediator oder einer Mediatorin. Peer-Mediation ist die Vermittlung zwischen (in etwa) Gleichaltrigen, sogenannten «Peers».

Wer ist der Träger der Peer-Mediation hierzulande?

Die Trägerschaft des landesweiten Projektes «Peer-Mediation im Schulalltag» liegt in den Händen des SNJ («Service national de la jeunesse») und des Script.

Welche Rolle spielt sie im Schulalltag?

Schüler und Schülerinnen, die sich aktiv an einem Mediationsprojekt beteiligen, zeigen die Bereitschaft, neue Fähigkeiten zu entwickeln, die ihnen sowohl in der Schulgemeinschaft, in ihrem Familien- und Freundeskreis als auch in ihrem späteren Berufsleben sehr zugutekommen. Hierzu zählen Kooperation, aktives Zuhören und Empathie. Auch bemerken diese Schüler eher als andere Gewalt und Streitereien in ihrer Umgebung und versuchen, die Protagonisten darauf anzusprechen oder Konflikte zu vermeiden. Junge Mediatoren stellen fest, dass sie aktiver zuhören sowie Strategien beherrschen, um z.B. auch in ihren Familien oder mit Freunden Konflikten gewaltfrei zu begegnen.

An wen genau wendet sich die Peer-Mediation?

Prinzipiell können alle interessierten Schüler und Schülerinnen am Projekt «Peer-Mediation im Schulalltag» teilnehmen. Dies setzt aber die Bereitschaft voraus, eine spezielle Ausbildung zu absolvieren und sich mit dem eigenen Konfliktverhalten auseinanderzusetzen, in der Projektgruppe mitzuarbeiten, Mediationen mit anderen Schülern durchzuführen und sich in der Schule zu engagieren. Im «Lycée» werden die Jugendlichen zumeist ab der 8. Klasse ausgebildet und in den Grundschulen erfolgt die Ausbildung der Kinder im 3. Zyklus (früher 3. und 4. Klasse).

Welche «Intervenants» gibt es neben den Peer-Mediatoren in diesem Schlichtungsprozess?

Oh, da gibt es einige. Coaches z.B. sind Erwachsene, die in einer Schule das Projekt mitsteuern. Ihre Aufgabe ist es, das Projekt «Peer-Mediation im Schulalltag» im Team umzusetzen. Bei den Projektmitarbeitern handelt es sich um Erwachsene, die im Projekt beratend und unterstützend mitarbeiten. Die Trainer ihrerseits sind die Ausbilder der Kinder und Jugendlichen, also der Peer-Mediatoren und Peer-Mediatorinnen. Schließlich gibt es noch die Schulbegleiter, die als Beauftragte des Script die Schulen bei der Umsetzung des Projektes begleiten und beraten. Sie sind externe Mitarbeiter, d.h. nicht Teil der Schulgemeinschaft.

Was muss man tun, um Peer-Mediator zu werden?

Schüler, die bereits Peer-Mediation im Schulalltag praktizieren, sollen sich bei ihrem Klassenlehrer, beim «Service éducatif» oder beim SePAS («Service psycho-social et d’accompagnement scolaires») melden. Sind genügend Schüler interessiert, kann über den SNJ eine Ausbildung an drei Wochenenden (42 Stunden) zum Mediator erfolgen. Wenn eine Schule aber selbst ausbildet, findet die Ausbildung meist in der unterrichtsfreien Zeit statt und wird im Sekundarbereich mit einem gemeinsamen Wochenende in einer Jugendherberge des SNJ beendet.

Die Ausbildung in den Grundschulen umfasst in der Regel mindestens 38 Stunden und findet während der Schulzeit, in den Tagen vor den Schulferien, in den Pausen etc. statt. Die Ausbildung beruht auf den Grundprinzipien der außerschulischen Bildung und Jugendarbeit: Freiwilligkeit, Partizipation, Gruppenarbeit, Prozessorientierung, Alltagsnähe und aktives Lernen.

Wenn an der Schule noch keine Peer-Mediation existiert, soll der Jugendliche seine Mitschüler (Schülerparlament) und Erwachsene an seiner Schule (Klassenlehrer, SePAS, Service éducatif) über die Homepage des Projekts www.peermediation.lu auf das Projekt aufmerksam machen. Die Erwachsenen können dann an einer Weiterbildung des IFEN («Institut de formation de l’éducation nationale») teilnehmen und so schrittweise lernen, das Projekt an ihrer Schule aufzubauen.

Wie verbreitet ist die Peer-Mediation hierzulande?

Aktuell nehmen 16 Sekundarschulen und vier Grundschulen am Projekt «Peer-Mediation im Schulalltag» teil.

Welche Erfolgsquote hat aber eigentlich diese Art Vermittlung?

Der Erfolg der Peer-Mediation misst sich nicht allein in der Anzahl der durchgeführten Schlichtungen. Mit ihren erworbenen Fähigkeiten wirken die Peer-Mediatoren im Schul- und Klassengeschehen oft deeskalierend und Konflikte werden bereits in den Ansätzen beigelegt. So tragen sie zu einem besseren Klassen- und Schulklima bei. Je mehr Schülerinnen und Schüler Kompetenzen zur konstruktiven Konfliktlösung besitzen, desto weniger werden Streitereien eskalieren oder zum Gegenstand einer Mediation werden.