Warnung in der Glitzerwelt: Der Papst besucht erstmals die Emirate

Warnung in der Glitzerwelt: Der Papst besucht erstmals die Emirate

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Weihrauch in der Luft, prächtige Kulisse vor Wolkenkratzern und Palästen. Prunkvoll muss es sein, wenn ein Papst erstmals auf der Arabischen Halbinsel ist. Doch Franziskus will auch die Schattenseite dieser künstlichen Welt zeigen. Sein Gastgeber hat anderes vor.

Dem pompösen Empfang beim ersten Besuch eines Papstes auf der Arabischen Halbinsel setzte Franziskus eine Fahrt in einem Kleinwagen entgegen. Langsam rollte der Pontifex – begleitet von Pferden, Fliegerstaffel und Salutschüssen – vor dem beeindruckenden Präsidentenpalast in Abu Dhabi vor. Weißer Marmor, goldene Kronleuchter, dicke Teppiche – im Reich der Scheichs in den Vereinigten Arabischen Emiraten zählt der Prunk, das Bild, das große Kino.

Genau das Gegenteil dessen also, was Franziskus immer predigt: Bescheidenheit, Demut und Abrüstung. Daher ließ es sich der Pontifex nicht nehmen, auf einer interreligiösen Konferenz am Montag eine Rede zu halten, die auf die Konflikte und Ungleichheiten in der ganzen Region gemünzt war.

Es sei nun höchste Zeit, dass alle Religionen «einen aktiven Beitrag zur Entmilitarisierung des menschlichen Herzens» leisten. In einer Zeit, in der sich Christen und Muslime oft unversöhnlich gegenüberstehen, ein notwendiger Appell. «Entweder wir bauen die Zukunft gemeinsam oder es gibt keine Zukunft», so der Papst vor Muslimen, Juden, Katholiken und anderen Religionsvertretern. Zugleich verdammte er «das Wettrüsten, die Ausweitung der eigenen Einflussbereiche und eine aggressive Politik zum Nachteil anderer».

Einflussreicher Kronprinz

Die Worte mögen in den Ohren seines Gastgebers nicht unbedingt wie Musik geklungen haben. Der einflussreiche Kronprinz Mohammed bin Said Al Nahjan ist umstritten. Er hatte den Papst in die Emirate eingeladen, ein islamisches Land, in dem Christen aber ihre Religion praktizieren dürfen. Er nutzte die Veranstaltung, um sein Land als «Leuchtturm der Toleranz, Zurückhaltung und des friedlichen Zusammenlebens» zu präsentieren.

Franziskus lag einiges daran, dass der Besuch auch in den Nachbarländern wahrgenommen wird. Zwei Mal sprach er in seiner Rede auch «alle Länder dieser Halbinsel an», also auch Saudi-Arabien, wo noch nicht mal Kirchen gebaut werden dürfen. Auch den Krieg im Jemen nannte er explizit. Dort sind die Emirate mit Saudi-Arabien Teil einer Militärallianz, bei deren Luftangriffen dort immer wieder viele Zivilisten sterben.

Die Plattform war eine interreligiöse Konferenz, bei der auch hochrangige Islamgelehrte und jüdische Rabbiner dabei waren. Alleine das – und die Tatsache, dass der Pontifex überhaupt hier ist – ist schon «historisch», wie dieser Besuch ein ums andere Mal bezeichnet wurde. Am Dienstag soll die größte Messe stattfinden, die jemals auf der arabischen Halbinsel gehalten wurde.

Gemeinsam mit dem Großscheich der in der islamischen Welt einflussreichen Al-Azhar-Universität von Kairo unterschrieb Franziskus ein «Dokument über menschliche Brüderlichkeit». Gemeinsam wollen und sollen Christen und Muslime in aller Welt für einen Dialog der Kulturen und ein gegenseitiges Verständnis eintreten, heißt es.

«Umarmt weiterhin überall eure christlichen Brüder, als seien sie eure Partner», sagte Großimam Ahmed al-Tajib im Rahmen der Konferenz. Er rief auch Muslime im Westen dazu auf, sich positiv in die Gesellschaften zu integrieren. «Alle, die in ihrem Herzen an Gott und Menschlichkeit glauben», sollten sich gemeinsam gegen Extremismus und für Toleranz und Brüderlichkeit einsetzen.

Auch Abu Dhabis Kronprinz Mohammed saß in der ersten Reihe, als die beiden Geistlichen ihren scharfen Appell an die Welt richteten. Er gilt als aggressiver Strippenzieher in der Region. «Er will mit der Beduinen-Saga seines Vaters brechen, die er als anachronistisch betrachtet in einem der am meisten verstädterten Länder der Welt», analysiert der ehemalige französische Diplomat Michel Duclos für das Institut Montaigne. Obwohl «nur» Kronprinz, halte er die Fäden im Land in der Hand.

Aggressive Außenpolitik

Der an der Militärakademie Sandhurst ausgebildete Mohammed habe eine schlagkräftige Armee aufgebaut, mit der er eine aggressive Außenpolitik betreibe und auch in regionaler Konkurrenz zum bislang übermächtigen Nachbarn Saudi-Arabien stehe. Darin zeige sich Mohammeds «Verlangen, gefürchtet zu werden, um respektiert zu werden».

Eine französische NGO hatte beim Besuch des Kronprinzen in Frankreich vor drei Monaten offiziell Klage eingereicht: Wegen Kriegsverbrechen im Jemen, Beteiligung an Folter und unmenschlichem Verhalten.

Die untergehende Sonne hinter dem imposanten Denkmal der Gründungsväter von Abu Dhabi, davor der kleine Papst, Weihrauchduft in der Luft und eine Umarmung der drei Hauptprotagonisten des Besuchs: Die Bilder übertünchten bei dem Besuch die sozialen Probleme in dem reichen Öl-Staat. Auch wenn der Papst deutlich sagte, dass «niemand der Herr oder Sklave anderer sein kann».

Millionen Migranten aus Asien

Städte wie Abu Dhabi oder Dubai wurden aus dem Wüstensand in die Höhe gezogen, Stararchitekten bauten glanzvolle Meisterwerke. Millionen Migranten kommen aus Asien, um hier zu arbeiten und Geld zu verdienen. Die katholische Kirche hier ist eine Migrantenkirche. Über die Kluft zwischen Superreichen und den Arbeitsmigranten ist auch der Papst im Bilde, nur eine wahre Begegnung mit ihnen stand nicht auf dem Programm.

«Ich würde gewisse Ecken kennen, wo ich ihn hinführen würde», sagte der Apostolische Vikar für das Südliche Arabien, Bischof Paul Hinder, dem Nachrichtenportal Vaticannews. Aber das seien «delikate Dinge», über die man nicht spreche. Die Schattenseiten würden «in diesem Teil der Welt zumindest künstlich besonnt».

 

Laird Glenmore
5. Februar 2019 - 13.06

Der Papst kann hinfahren wo er will, er wird am System nichts ändern, das einzige was zählt ist das die Schäfchen noch mehr Spenden um die Kassen zu füllen. Die röm. Kath. Kirche hat die Menschheit seit über 2000 Jahren belogen, betrogen und ausgebeutet. Die Reise in das arabische Land ist doch eine Scharade.

Jacques Zeyen
5. Februar 2019 - 11.44

Als Papst hat er das gesagt was jeder normal denkende,halbwegs intelligente Mensch zum Thema sagen würde.Dazu braucht es keinen Titel oder Zugehörigkeit einer Religion.Natürlich klingen solche Worte aus dem Mund eines Religionsführers besser,auch wenn er ein Lügner ist. Regimefreundlich als Erzbischof Bergoglio hat er versucht Tatsachen zu vertuschen und als Papst hat er diesbezüglich in laufende Kameras gelogen. Er hat natülich einen schweren Stand wenn er mit der katholischen Geschichte vor anderen Religionsführern vorsprechen muss um sie zu überzeugen.Aber die sind ja auch nicht besser. Wenn er das Vermögen seiner Kirche neben das der islamischen Welt legen würde,dann wäre man sicher überrascht zu welcher Seite die Waage ausschlagen würde. Soviel zu "Glitzerwelt".

roger wohlfart
5. Februar 2019 - 10.06

Ob gläubig oder nicht, ob Christ oder Atheist, eines muss man Franziskus lassen: er hat Mut und spricht Themen und Probleme an, die die gesamte Menschheit betreffen. Sein Einfluss ist, bedingt durch sein Umfeld und die unrühmliche Vergangenheit der Kirche, äusserst beschränkt und es wird wohl noch kaum auf ihn gehört. Aber seine geäusserten Sorgen um den Frieden in der Welt sind ehrlich und berechtigt. Klar, er ist nicht unfehlbar und auch nur ein Mensch, auch wenn die Kirche das anders sieht. Jeder kann darüber denken wie er will und davon halten was er will, aber es ist kein Zeichen von Intelligenz und Toleranz, sich über die Worte des " obersten Hirten " lustig zu machen oder sie nicht ernst zu nehmen. Das ist eine Sache von Respekt. Fanatiker gibt es auf allen Gebieten und wohin Fanatismus resp. Fundamentalismus führen, hat die Geschichte bewiesen.