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The show must go on: Nach den Wahlen ertönen wieder die Rufe nach einer Erneuerung der LSAP

The show must go on: Nach den Wahlen ertönen wieder die Rufe nach einer Erneuerung der LSAP

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Kaum sind die Wahlen vorbei, ertönen in der LSAP wieder die Rufe nach einer Erneuerung. Obwohl das Szenario nicht neu ist, hat die Partei den Sprung noch immer nicht geschafft. Dabei weiß sie, dass es demnächst ums Überleben gehen könnte.

Von Nico Wildschutz und Pol Schock

«Jetzt gilt es, die Partei auszumisten.» Der ehemalige Juso-Chef Sammy Wagner war sich bewusst, dass er sich weit aus dem Fenster lehnte, als er einen Tag nach den Wahlen im sozialen Netzwerk Twitter eine Erneuerung der LSAP forderte. Aber er bereut es nicht. Im Gegenteil: Es sei Zeit, Klartext zu reden, so Wagner gegenüber dem Tageblatt. Dabei gehe es ihm nicht um eine persönliche Profilierung. «Ich bin entgegen dem, was mir einige vorwerfen, nicht auf einen Posten scharf», sagt er. Und trotzdem zeigt er mit dem Finger auf die Parteispitze. «Wir verlieren eine Wahl nach der anderen», meint er. Es sei an der Zeit, dass sich die Verantwortlichen infrage stellen.

Tatsächlich gibt es zwei Lesarten des LSAP-Wahlergebnisses. Die optimistische Variante geht so: Die Sozialisten konnten ihren freien Fall ausbremsen. Angesichts der europäischen Krise der Sozialdemokratie sowie der schlechten Umfragewerte ist das Ergebnis als Erfolg zu deuten. Zwar haben sie drei Sitze verloren, aber lediglich rund 2,7 Prozent der Stimmen. Die LSAP ist damit weiterhin die Partei mit dem zweitbesten Stimmenanteil in Luxemburg. Kurz: Es hätte schlimmer kommen können. Es handelt sich um die offizielle Lesart der Parteiführung sowie auch der Koalitionspartner «déi gréng» und DP.

Die andere Lesart ist deutlich kritischer: Seit dem sensationellen Wahlsieg von 1984 (Zugewinn von sieben Sitzen) muss die Partei einen kontinuierlichen Wählerschwund hinnehmen. Zwar gab es 2004 einen Ausnahmeerfolg von einem Sitzgewinn, aber de facto ist die Partei von 33,57 Prozent im Jahre 1984 auf 16,77 Prozent gefallen. Das Resultat von 2018 ist das schlechteste der Sozialisten seit dem Krieg. Kurz: Die LSAP fällt und fällt und fällt.

Es ist die Lesart von jüngeren Parteimitgliedern wie Sammy Wagner, aber auch von einer Reihe anderer Sozialisten – von Patrick Weymerskirch über Régis Moes bis hin zu Franz und Ben Fayot. Sie sind allesamt der Überzeugung, dass sich die Partei weiter Richtung Abgrund bewegt und der Negativtrend keineswegs gestoppt wurde. Bestenfalls sei man erneut mit einem blauen Auge davongekommen. Und alle nehmen das gleiche Wort in den Mund: Erneuerung.

Erst die Partei, dann die Person

Dabei ist die Frage nach einer Erneuerung der LSAP keineswegs neu. Die LSAP-Mitglieder Ben Fayot, Franz Fayot, Marc Limpach und Christophe Schiltz haben bereits 2014 nach dem Debakel der Europawahlen ein Positionspapier zur Zukunft der Partei ausgearbeitet. Schon damals sparten die Autoren nicht mit Kritik. Es fehle der Partei an Identität und Profil. Die Partei wisse nicht, wofür sie stehe – die Menschen auch nicht. Man müsse wieder «Zukunftsvisionen benennen und die Menschen für diese begeistern». Das Plädoyer der Autoren: ein klares soziales Narrativ entwickeln. Nach einer weiteren Niederlage bei den Gemeindewahlen folgten erneut kritische Stimmen. Im Januar 2018 erschien ein Beitrag von mehreren LSAP-Politikern, darunter vier Abgeordnete, die forderten, die Partei «neu zu denken» und auch neu aufzustellen.

Und für Moes, Weymerskirch und die Fayots steht die Partei immer noch vor den gleichen Problemen: Ihr gelinge es nicht, eine Aufbruchsstimmung zu vermitteln – weder nach innen noch nach außen. Zudem leide sie unter einem ramponierten Ruf: dem eines Altherrenvereins mit Ideen aus dem 20. Jahrhundert. Und die Parteibonzen würden so gut wie kaum etwas dagegen tun, um das Image zu verbessern. Mitgliederanwerbung, neue Formen des Austausches oder das Fördern der Diskussionskultur – Fehlanzeige. Sie würden selbstzufrieden auf ihren Posten beharren. Der Vorwurf: Das Eigeninteresse gehe über das Interesse der Partei.

Doch längst nicht alles gilt als negativ. Das Wahlprogramm sowie die Kampagne um soziale Themen wie Mindestlohn, Wohnungsbau und Arbeitszeitverkürzung gehen in die richtige Richtung. Dass im Wahlkampf ansatzweise über Inhalte geredet wurde, sei der Verdienst der LSAP, so Fayot. Aber ein kurzer sozialer Anstrich vor den Wahlen reiche nicht, um die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, sagt Moes. Erneuerung geht über einen Wahlslogan hinaus.

Dabei ist sich auch die Parteispitze bewusst, dass der Reformprozess erst begonnen hat. «Wir müssen uns erneuern und wir müssen auch unsere Mandatsträger erneuern», sagt Etienne Schneider, Spitzenkandidat der LSAP bei den Parlamentswahlen. Für Schneider geht das allerdings nur aus der Regierung heraus. Der Gang in die Opposition sei kontraproduktiv.

Schneider zeigt sich dabei überrascht über die kritischen Stimmen. Er weist darauf hin, dass die Spitze niemanden in der Partei ausbremsen würde. Im Gegenteil. Politiker mit Führungsanspruch und Ideen seien geradezu erwünscht. «Es hat aber keiner angeklopft», so Schneider.

Bei der Kampagne sei zudem jeder gleichberechtigt gewesen. «Wir haben alle unsere Kandidaten auf die Plakate geholt, das war bei anderen Parteien nicht der Fall.» Die LSAP habe gerade darauf geachtet, allen Kandidaten eine Plattform zu geben. Wie erklärt er sich dann, dass die Partei von etablierten Kräften dominiert wird? Seine Antwort: Es fehle an Eigeninitiative. «Als ich noch bei den Jungsozialisten war, haben wir nicht darauf gewartet, dass einer uns sagt, was wir tun sollen», so Schneider.

Der Fraktionschef Alex Bodry sieht das ähnlich. «Ich weiß von niemandem in der Partei, der ausgebremst worden wäre», sagt er. Bodry verweist dabei auf den ständigen Erneuerungsprozess: Mit Francine Closener, Lydia Mutsch und Dan Kersch hat die Partei 2013 auf neue Gesichter in der Regierung gesetzt.

Opposition als zweite Alternative

Den Vorwurf der Tatenlosigkeit will Patrick Weymerskirch nicht gelten lassen. Er habe mitdiskutiert und sich eingebracht. Aber: «Vor den Wahlen wird uns gesagt, dass wir nichts sagen sollen, um der Partei nicht zu schaden. Nach den Wahlen sollen wir auch nichts sagen. Wann sollen wir denn nun reden?», so seine Replik. Auch Franz Fayot kann mit diesem Vorwurf nichts anfangen: «Müssen denn wirklich Messer gewetzt werden?»
Auch Weymerskirch sagt: «Ich will keinem den Kopf absägen.» Eine Partei brauche die Kompetenzen der etablierten Politiker, sie brauche aber auch junge Gesichter. Aber: «Niemand wird als Minister geboren.» Die Partei müsse sich bemühen, Nachfolger aufzubauen. Seine Sorge ist vor allem, dass die Partei und die Mandatsträger der LSAP kein Spiegel der Gesellschaft mehr sind. «Es wurden viele Männer über 60 ins Parlament gewählt», bedauert er.

Es sei so, dass die LSAP schon immer eine Partei mit einer starken Diskussionskultur gewesen sei. Dies solle als Chance und nicht als Gefahr betrachtet werden. Auch inhaltlich müsse die Partei darauf achten, sich nach den alltäglichen Sorgen der Menschen zu richten. «Die Grünen wurden belohnt, weil mit der Tram das Thema der Mobilität angegangen wurde, und Corinne Cahen von der DP wurde belohnt, weil sie mit ihrer Familienpolitik etwas angegangen ist, was viele in unserer modernen Gesellschaft beschäftigt», analysiert er. Deshalb sei es nun wichtig, dass die LSAP in den Koalitionsverhandlungen einen Anspruch auf Ministerien erheben würde, in denen die Gestaltungsmöglichkeiten groß seien.

Das sehen auch Franz Fayot und Régis Moes so. Die erneute Regierungsbeteiligung wird als Chance gewertet. Aber nur, wenn es der Parteileitung gelingt, dem Koalitionsabkommen einen klaren sozialistischen Einschlag zu geben. In Steuer- oder Sozialfragen wie der 38-Stunden-Woche müsse die LSAP konsequent auf ihren Forderungen beharren. Und auch in Fragen des Wohnungsproblems dürfe man keine faulen Kompromisse dulden. Fünf weitere Jahre einer liberalen Laissez-faire-Politik darf die LSAP unter keinen Umständen mittragen. Wenn das nicht gelingt, so heißt es, muss die Opposition die Alternative sein.

Die Partei braucht vor dem nächsten Treffen mit dem Wähler eine Erneuerung, darin sind sich alle einig. Es ist die Voraussetzung für ein Überleben der Partei. Die Einsicht gilt als erster Schritt zur Besserung. Das stimmt Elder Statesman Ben Fayot zuversichtlich: «Als Sozialist muss man immer optimistisch sein.» Etwas anderes bliebe einem nicht übrig.

roger wohlfart
31. Oktober 2018 - 13.46

Deemno e richtege Salonsozialist!

roger wohlfart
30. Oktober 2018 - 14.13

Jo, the show must go on, a wa sech näischt ännert, nët méi laang! Kloertext an der Politik? Gëtt ët nët!

Schuller piir
20. Oktober 2018 - 19.01

Den Jeannot Krecké huet et richteg gemaach! En ass gangen wie Zäit war an kritt all Joer en Teschengeld vun 193.000.-€ vun Arcelor-Mittal. :-))

bouliste
20. Oktober 2018 - 10.34

Leif Juso'en. Dat wat dir an dene leschten Deeg gemengt hut, alles ennert Leit ze brengen, doriweer kann ee jo awer och nemmen de Kapp reselen. Elo op emol kommen vun ierch Virschlei iwer Virschlei. Firwat hut der dan bis no de Wahlen gewart. Well virun de Wahlen huet een aus aerem Eck net ganz vill he'eren. Dir wellt am leifsten keng "Aal" mei derbei. ???? Soll en der dan elo teschent 18 a 24 eist Land rege'eren ??? An Fraen??? Frot emol 100 Fraen dovun gin keng 2 mat. Well der Koalitioun sprengen ? Dir schafft jo mei geint Partei , wie mat der Partei. Och dir stitt am Moment esou gaer am Mettelpunkt. Ganz no der Devise : " Esou geif ech et net man, mais wie ech et geif man weis ech et awer och nach net ." Als Revoluzzer steht een och net emmer gudd do.