So denken die Bürger der betroffenen Gemeinden über die Nordstad-Fusion

So denken die Bürger der betroffenen Gemeinden über die Nordstad-Fusion
Fußgängerzone Ettelbrück: Könnte dieses Kunstwerk vielleicht einmal ein Wahrzeichen der Dreier-Fusion werden?

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Die drei Gemeinden Ettelbrück, Erpeldingen/Sauer und Schieren sollen Fusionsgespräche aufnehmen. Das haben die drei Gemeinderäte letzten Mittwoch beschlossen. Wir wollten den Puls bei der Bevölkerung fühlen und wissen, wie sie zu dieser Idee stehen. Die Antworten sind von Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschiedlich.

Die meisten Befürwörter dieser geplanten Fusion trafen wir in Ettelbrück. Hier einige Aussagen:

L.G. (45, aus Ettelbrück): «Es lag schon lange in der Luft. Ettelbrück selbst hat nicht mehr viele Möglichkeiten, sich auszuweiten, oder sagen wir besser, überhaupt keine mehr. Diese Gemeinde kann diesem Problem lediglich durch eine Fusion mit z.B. Erpeldingen/Sauer begegnen, die über ein überaus großes Potenzial an Bauland verfügt. Die Rolle, die Schieren in der Fusion spielen soll, habe ich noch nicht herausgefunden.»
M.M. (59, Ettelbrück): «In Zukunft müssen sich viele Gemeinden in Luxemburg die Frage stellen, ob es noch tragbar ist, alleine auf weiter Flur zu handeln. Die Infrastruktur und die Dienstleistungen, die in manchen, sagen wir mal größeren Gemeinden geschaffen wurden, müssen auch den kleineren Nachbargemeinden dienen können. Ich finde die Idee der erwähnten Fusion gut. Ich bin mir aber auch im Klaren darüber, dass es langwierige Diskussionen bis zu einer eventuellen Unterschrift geben wird.»
M.S. (34, Ettelbrück): «Eine Fusion ist eine sehr gute Sache für Ettelbrück. Es ist nur zu hoffen, dass unterm Strich mehr herauskommt als beim Projekt ‹Nordstad›, an dem seit 20 Jahren herumgebastelt wird, ohne nennenswertes Resultat, mal ganz abgesehen von der geschaffenen Industriezone ZANO auf Fridhaff. Ich muss zugeben, dass ich gemischte Gefühle habe, seitdem ich mit Bekannten und Freunden aus den Nachbargemeinden Erpeldingen und Schieren zum Thema Fusion gesprochen habe.»
L.B. (71, Erpeldingen): «Ich war erschrocken, als ich von der Idee zu dieser Fusion hörte. Wir sind näher an Diekirch als an Ettelbrück dran. Was uns nun dazu führt, mit Ettelbrück ins Bett steigen zu wollen, ist mir ein Rätsel. Ettelbrück hat wohl seine Gründe, mit den kleineren Nachbargemeinden zu liebäugeln, doch Erpeldingen und auch Schieren werden mit Sicherheit über den Tisch gezogen. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, dass ich ganz klar gegen diese Fusion bin.»
M.D. (51, Erpeldingen): «Man hätte besser daran getan, die Energie, die jetzt in eine Fusion von nur drei der sechs ‹Nordstad›-Gemeinden gesteckt wird, im ‹Syndicat à vocation multiple Nordstad› an den Tag zu legen. Vielleicht hätten wir dann bereits viel mehr aufzuweisen, als das bis dato der Fall ist. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es nun weitergehen soll, doch ehrlich gesagt mache ich mir keine großen Hoffnungen, dass diese Fusion eine Win-Win-Geschichte wird.»
S.B. (22, Erpeldingen): «Ich bin der Meinung, dass es mittelfristig ohne Zusammenlegung von Gemeinden nicht mehr geht. Die Frage, die ich mir in diesem Fall stelle, ist die, warum nun Lokalpolitiker eine Fusion aller sechs ‹Nordstad›-Gemeinden für abwegig halten. Ja, es braucht Mut, ja, es braucht Durchsetzungskraft, ja, es braucht eine Änderung des Wahlgesetzes, sprich eine Verlegung des Bezirksgrenzen, ja, es braucht überparteiliches Denken, ja, es bedarf schwieriger und langwieriger Verhandlungen, usw., usf. Um auf Ihre Frage, ob ich für oder gegen eine Fusion bin, zu antworten: Ja, ich bin für eine Fusion, aber am liebsten eine der sechs ‹Nordstad›-Gemeinden.»
C.M. (44, Erpeldingen): «Die Idee, sich zuerst einmal zu dritt zu Fusionsverhandlungen an einen Tisch zu setzen, finde ich begrüßenswert. Zu sechst wird das kaum etwas, da die Interessen zu weit auseinanderliegen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten die Steuerhebesätze und Gemeindetaxen, um nur diese Beispiele zu nennen, innerhalb der sechs Gemeinden anpassen …»
C.S. (35, Schieren): «Unsere Gemeinde kann eigentlich nur von einer Fusion mit Ettelbrück profitieren. Das muss sie aber auch, denn sonst macht die Zusammenlegung keinen Sinn. Wir müssen natürlich aufpassen, dass der große Nachbar uns nicht in die Tasche steckt. Die Aussagen des Ettelbrücker Bürgermeisters, die neue Gemeinde müsse später weiterhin Ettelbrück heißen, finde ich gelinde ausgedrückt eine Frechheit. An solchen Sätzen sind schon Fusionen im Keim erstickt worden. Ich bin für eine Fusion, aber nur, wenn wir ein gleichberechtigter Partner sind und bleiben.»
M.L. (44, Schieren): «Nein, ich bin kategorisch gegen diese Fusion. Wir sollten mit Gemeinden zusammenarbeiten, die auf gleicher Augenhöhe sind wie wir.»
G.L.: (37, Schieren): «Wir sollten den drei zuerst einmal die Möglichkeit geben, das Baugerüst einer möglichen Fusion zu errichten. Sich jetzt bereits gegen oder für eine Fusion auszusprechen, finde ich absolut verfrüht. Zugleich möchte ich die betroffenen Gemeindepolitiker aber auch dazu aufrufen, ihre Aussagen zur Fusion abzuwiegen, bevor sie damit an die Öffentlichkeit gehen. Sprüche klopfen ist fehl am Platz.»

Sachlich diskutieren

Die Gefühle und Meinungen sind demnach sehr gemischt, was diese eventuelle Fusion anbelangt. Dies spiegelt auch eine sicherlich nicht repräsentative Umfrage des Sekretärs des LSAP-Bezirks Norden und Diekircher Einwohners Tom Sauber auf Facebook wider. Auf die Frage «Für oder gegen die Fusion der drei Gemeinden?» haben rund 150 Leute geantwortet. 61 Prozent waren bis gestern Morgen dafür, 39 Prozent sprachen sich dagegen aus.

Der Ettelbrücker LSAP-Schöffe Christian Steffen meinte gestern dem Tageblatt gegenüber, man sollte der Idee zu einer Fusion, die, wie er unterstrich, nicht nur von CSV-Bürgermeister Jean-Paul Schaaf, sondern vom gesamten CSV-LSAP-Schöffenrat ausging, jetzt mal eine Chance geben und nicht gleich den Teufel an die Wand malen. «Es braucht viel Zeit und sachliche Diskussionen.» Der Blick wird also auf Erpeldingen, Schieren und Ettelbrück gerichtet bleiben.