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Polizeischlag gegen die Mafia: Flüchtiger Camorra-Boss in Neapel verhaftet

Polizeischlag gegen die Mafia: Flüchtiger Camorra-Boss in Neapel verhaftet

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In einer gemeinsamen Aktion gelang es Carabinieri, Polizei und Finanzgarde, den seit 2004 flüchtigen Camorrista Marco Di Lauro zu verhaften. Sohn des langjährigen Camorra-Chefs Paolo Di Lauro, gilt Marco als mitverantwortlich für den Bandenkrieg im neapolitanischen Scampia. 2012 wurde er wegen Mafiamorden in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Er gilt als der zweitgefährlichste Mafia-Flüchtling Italiens.

Von unserem Korrespondenten Wolf H. Wagner, Florenz

Den Sicherheitskräften in Neapel gelang ein spektakulärer Fang, der sich schlussendlich doch auf ganz unspektakuläre Art vollziehen ließ. In einem Mehrfamilienhaus verhafteten Teams von Carabinieri, der Staatspolizei sowie der Guardia di Finanza den seit 14 Jahren gesuchten Camorra-Boss Marco Di Lauro. Di Lauro, der zum Zeitpunkt seiner Festsetzung sein Mittagessen einnahm, leistete keinen Widerstand.

Auch wurde keine Waffe bei ihm gefunden. Die Nachbarn zeigten sich sehr erstaunt über das massive Aufgebot an Polizeifahrzeugen und eiligst herbeigeeilten Journalisten, Passanten auf der Straße filmten die Szenerie mit ihren Mobiltelefonen. Nachdem Di Lauro in einen weißen Range Rover verbracht wurde, fuhr der gesamte Konvoi in hohem Tempo zur neapolitanischen Questura.

Der Camorra-Boss, derzeit nach dem sizilianischen Mafioso Mattia Messina Denaro als der zweitgefährlichste flüchtige Verbrecher Italiens eingestuft, muss sich nun auf die Verbüßung einer lebenslangen Haftstrafe einstellen.

Mobiltelefon verriet Aufenthalt

Das Versteck Di Lauros wurde eher zufällig im Zusammenhang mit einer weiteren Ermittlung bekannt. In den frühen Samstagnachmittagsstunden wurde die ermordete Norina M. aufgefunden. Als dringend tatverdächtig galt ihr Ehemann Salvatore Tamburrino, der von den Sicherheitskräften im Zusammenhang mit der Camorra bereits überwacht wurde. Eine Mobilfunkortung brachte die Spezialeinheiten dann auf die Spur von Marco Di Lauro.

Nachbarn hatten von der Anwesenheit des gefährlichen Camorrista nichts gewusst. Di Lauro hatte die Wohnung bereits vor längerer Zeit angemietet und verhielt sich im Wohnumfeld völlig unauffällig. Der Clan Di Lauro, geführt von Vater Paolo, genannt „Ciruzzo o milionario“ (Kuschelbär der Millionär), galt Anfang des Jahrhunderts als der mächtigste im italienischen Drogengeschäft. Neapel mit seinen nördlichen Vororten Secondigliano und Scampia war das Hauptaktionsfeld.

In Fehde von Scampia verwickelt

Die Söhne Paolo Di Lauros strebten indes – mit anderen Unterbossen der Camorra – eine Autonomie von der Macht des Vaters an. 2004 kam es zu Richtungskämpfen in der Szene, Gruppen aus Secondigliano strebten eine Unabhängigkeit vom Di-Lauro-Clan an.
Blutige Auseinandersetzungen, in der Geschichte der Camorra als „Fehde von Scampia“ eingegangen, bestimmten die Szene. Als einer der Hauptverantwortlichen wurde Marco Di Lauro angesehen, für den Mord am unbeteiligten Attilo Romano wurde er 2012 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Im Zuge der Fehde von Scampia tauchte Marco Di Lauro 2004 unter. Jahre später wurde er von US-Spezialeinheiten in New York ausgemacht, konnte sich aber wiederum einer Verhaftung entziehen. Mafia-Ermittler in Italien zeigten 2013 Verbindungen zu Clans der ’Ndrangheta auf.

Mit der nun erfolgten Verhaftung gelang den Ermittlern ein wichtiger Schlag gegen die Camorra. Neapels Bürgermeister Luigi De Magistris, als früherer Staatsanwalt in die Ermittlungen gegen das organisierte Verbrechen involviert, bezeichnete den Kampf gegen die Mafiaorganisation als „eine Priorität des Staates und Neapels“.
Möglicherweise könnte die Verhaftung Di Lauros zu weiterer Aufklärung führen.