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Newcomer, Muslime, Rechtsextreme – Ein Blick auf die Trends der Kandidaten bei den Wahlen in den USA

Newcomer, Muslime, Rechtsextreme – Ein Blick auf die Trends der Kandidaten bei den Wahlen in den USA

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Bei den Zwischenwahlen am 6. November setzen die Demokraten mehrheitlich auf moderate und traditionelle Kandidaten. Aber auch auf Frauen-Power und überraschende Newcomer. Die Republikaner mutieren immer mehr zur Trump- Partei. Jene, die sich bei den Vorwahlen durchsetzen konnten, werden meist vom US-Präsidenten unterstützt. Darunter mischen sich viele Rechtsextremisten, Antisemiten und Islam-Feinde.

Lesen Sie zum Thema auch unseren Kommentar «Denkzettel für Trump, bitte!».

Trump-nahe Republikaner sind beispielsweise Martha McSally aus Arizona oder Ron DeSantis aus dem Swing-State Florida. Kritiker des Präsidenten wie die republikanischen Senatoren Jeff Flake oder Bob Corker haben sich allerdings derweil zurückgezogen. Bei den Demokraten hat sich bei den Vorwahlen meist das Establishment durchgesetzt. So warf in New York der amtierende Gouverneur Andrew Cuomo die Newcomerin und Schauspielerin Cynthia Nixon aus dem Rennen. Traditionelle Demokraten haben sich auch in Ohio mit Richard Cordray und in Michigan mit Gretchen Whitmer durchgesetzt. Gleiches gilt für die Bundesstaaten Wisconsin und Minnesota.

Andererseits gibt es insbesondere bei den Demokraten einen regelrechten Ansturm von Frauen auf die Zwischenwahlen. Für den Kongress kandidieren dieses Jahr insgesamt 257 Frauen, ein Rekord. 198 davon für die Demokraten. Die Waffe der Demokraten heißt Frauenpower. Viele Frauen empören sich über Trump, der mit seinen sexistischen Sprüchen weibliche Wählerinnen verprellt hat. Dazu gesellt sich der Einfluss der #MeToo-Bewegung, wodurch die Aussagen des US-Präsidenten eine neue Dimension der Empörung auslösen.

Der Trump-Faktor bei den Kandidaten

Als wahrhafte Newcomerin konnte sich die 29-jährige Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez gegen den langjährigen Amtsinhaber Joseph Crowley in New York durchsetzen. Und Jahana Hayes könnte als erste schwarze Demokratin von Connecticut in den Kongress gewählt werden. In Minnesota und in Michigan könnten mit Illhan Omar und Reshida Taib die ersten muslimischen Frauen in den Kongress einziehen.

Midterms Senat

Bei den Republikanern hat der Anteil von rechtsextremen Kandidaten im Vergleich zu früheren Zwischenwahlen enorm zugenommen. Experten machen den US-Präsidenten dafür verantwortlich, weil er immer wieder gegen Immigranten und Muslime polemisiert. Dieser Trump-Faktor hat Kandidaten wie Arthur Jones aus dem Bundesstaat Washington, der den Völkermord der Nazis an den Juden verneint, hervorgebracht. Oder Steve West aus dem Staat Missouri, der den Islam einen «Krebs für Amerika» nennt. Oder Rick Tyler aus dem Bundesstaat Tennessee. Er will Amerika wieder «weiß machen». Dennoch werden diesen Kandidaten vom extrem rechten Rand keine großen Chancen bei den Midterms eingeräumt.

Aber der Präsident himself treibt im Schlussspurt zu den Zwischenwahlen seine Politik der Spaltung und der Angst fleißig voran. Da kommen ihm die paar Migranten gelegen, die aus Honduras über Mexiko in die USA flüchten wollen. Denen hat er eine Armee zum Empfang an die Grenze geschickt und bezeichnet die Geflüchteten als Terroristen. Ob er damit die Wahlen zugunsten der Republikaner kippen kann, bleibt dennoch fraglich.

 

Yes she can? Latina-Newcomerin als Wunderwaffe

Vor einigen Monaten arbeitete Alexandria Ocasio-Cortez noch als Bedienung in einer New Yorker Bar. Nun ist die junge Frau mit puertoricanischen Wurzeln Anwärterin ihres New Yorker Bezirks Bronx auf einen Sitz im Repräsentantenhaus für die Demokraten. Ihr Motto: «Die ganze Welt hört unsere Botschaft, dass es nicht in Ordnung ist, mächtige Geldgeber über das Wohl der Menschen unserer Gemeinde zu stellen. Die Zeit ist reif für eine Revolution.»

Bei der Vorwahl deklassierte sie Joe Crowley, ein seit 20 Jahren amtierendes politisches Schwergewicht und löste damit eine Welle der Euphorie aus. Ihr Sitz im Repräsentantenhaus gilt als nahezu sicher, da die Wähler ihres Viertels zu 80 Prozent aus Einwandern bestehen und es dort sechs Mal mehr demokratische Wähler als republikanische gibt. Im Vorwahlkampf zu den Präsidentschaftswahlen 2016 unterstützte Cortez den linken Bernie Sanders.

Der kometenhafte Aufstieg der 29-jährigen Latina macht sie zur Hoffnungsträgerin ihrer Partei. Man fragt sich: Yes she can? Ihren linken Kurs würde man in Europa mit «sozialdemokratisch» übersetzen. Cortez setzt sich für gebührenfreie Unis, eine gesetzliche Krankenversicherung, den Mindestlohn, Sozialleistungen, eine humane Einwanderungspolitik und strengere Waffengesetze ein.

Sie würde insbesondere enttäuschte Nichtwähler, wütende Frauen, Latinos, Afroamerikaner und junge Menschen im Allgemeinen an die demokratische Wahlurne locken. Aber nicht alle Parteifreunde befürworten diese Politik. Gemäßigte Demokraten sind eher skeptisch. Sie glauben, dass ein Linkskurs nicht geeignet wäre, um den unentschlossenen potenziellen Trump-Wählern Stimmen abzuluchsen.

 

Beto, ein bisschen Obama, ein wenig Kennedy

Im tiefsten republikanischen Texas taucht plötzlich Beto auf. Sein vollständiger Name lautet Beto O’Rourke. Er ist der neue Hoffnungsträger der Demokraten. In einer republikanischen Hochburg. Beto will anders sein als Trump. Er geht aber nicht direkt gegen den Präsidenten oder dessen Partei vor. Vielmehr möchte er eine positive Stimmung verbreiten. Für Texas, für die Vereinigten Staaten, für die Wähler.

Dort, wo der Präsident eine Mauer bauen möchte, ist Beto aufgewachsen. In El Paso. An der mexikanischen Grenze. Der Texaner will die Menschen auf beiden Seiten vereinen, statt zu trennen. Offene Grenzen statt Abschottung. Seine Zielgruppe: Nichtwähler, junge Wähler und Latinos.

Beto kandidiert für einen der beiden texanischen Sitze im Senat. Sein direkter Widersacher heißt Ted Cruz, ist Republikaner und eigentlich klarer Favorit. Bei der Präsidentschaftswahl 2016 unterlag er Donald Trump.

Aber Außenseiter Beto lässt nicht locker und punktet stets mit guten Argumenten. Sein gutes Aussehen wird mit jenem Robert Kennedys vergleichen, sein ausgeprägtes Charisma mit jenem Barack Obamas.

Das zutiefst republikanisch geprägte Texas hat ein offensichtliches Problem: eine konstant niedrige Wahlbeteiligung. Beto sieht dies als Herausforderung. Er will die Texaner wachrütteln und für den 6. November mobilisieren. Damit dies gelingt, ist der Demokrat bei Wahlauftritten in sämtlichen 254 Wahlbezirken seines Bundesstaates aufgetreten.

Ein Denkzettel für Trump, bitte!

 

Ein Republikaner, der sich Neonazi nennt

Midterms Arthur Jones

Bei den Republikanern haben es mehrere Rechtsextreme geschafft, sich bei den Vorwahlen durchzusetzen. So auch der pensionierte Versicherungsmakler Arthur Jones. Pikant ist dabei, dass er den Völkermord der Nazis an den Juden leugnet. Er macht keinen Hehl daraus und postet diese und andere äußerst umstrittene Aussagen gut sichtbar auf seiner offiziellen Wahl-Webseite. So nennt er auch den Holocaust die «größte, schwärzeste Lüge der Geschichte». Außerdem nimmt Jones regelmäßig an Neonazi-Treffen teil.

Jones gehört nicht etwa zu einer kleinen Randgruppe, sondern zur Partei der Republikaner. Er selbst bezeichnet sich auch als Parteiangehöriger. Ein Neonazi kandidiert also im Namen von Trumps Partei für einen Sitz im Repräsentantenhaus. In seinem Heimatbundesstaat Illinois gab es allerdings keinen Gegenkandidaten bei der Vorwahl – ein peinlicher Fehler seiner Partei. Nach der Nominierung versuchten die Republikaner, sich vom rechtsradikalen Jones zu distanzieren. In einer Stellungnahme stellte seine Partei klar: «Arthur Jones ist kein wirklicher Republikaner – er ist ein Nazi.» Das mag vielleicht stimmen, aber bei den Republikanern ist Jones längst nicht der Einzige, den man einen Nazi nennen könnte.

Midterms Repräsentatenhaus