Neues Stadtviertel mit altem Industriecharme: Das sind die Pläne für das ehemalige Stahlwerk Esch-Schifflingen

Neues Stadtviertel mit altem Industriecharme: Das sind die Pläne für das ehemalige Stahlwerk Esch-Schifflingen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am Donnerstagabend stellten die von der öffentlich-privaten Entwicklungsgesellschaft Agora beauftragten stadtplanerischen Teams ihre Konzepte zur Neunutzung der Industriebrache Esch- Schifflingen vor. Zwei der vier Teams legten großen Wert auf den Erhalt der Industriedenkmäler. Am Freitag wählte die Jury den Gewinner. Die Entscheidung soll aber erst frühestens Ende nächster Woche bekannt gegeben werden. Mit der Fertigstellung des Viertels kann in 20 Jahren gerechnet werden.

Lesen Sie zu diesem Thema auch den Kommentar von Luc Laboulle

Es ist eine gute Nachricht: In allen stadtplanerischen Konzepten, die in der vergangenen Woche erarbeitet wurden, sollen die Hallen des früheren Walzwerks des Stahlwerks Esch-Schifflingen erhalten bleiben und neu genutzt werden. Die meisten Stadtplaner wollen langfristig Handel und Handwerk in den Hallen unterbringen. Zwischenzeitlich sollen sie für Veranstaltungen im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt 2022 genutzt werden können. In der Pumpenhalle neben dem bereits denkmalgeschützten Wasserturm könnten ein Kulturzentrum und ein Museum entstehen. In drei der vier Projekten soll der einzige noch verbleibende Kühlturm im Luxemburger Süden und in zwei sogar das 1994 eröffnete Elektro-Stahlwerk vor dem Abriss bewahrt werden.

Per Seilbahn zum „Lallengerbierg“

Allen Projekten gemeinsam ist ebenfalls die großzügige Renaturierung der Alzette mit vielen Grünflächen und die Nutzung der Schifflinger Weiher für Erholung und Freizeit. Das italienisch-belgische Team hat sogar einen Strand entlang der Alzette vorgesehen.

Auf Schifflinger Seite soll die Anbindung an die Naturschutzgebiete Brill und „Am Pudel“ über die renaturierten Weiher erfolgen. Auch den Anschluss an das Naturschutzreservat „Brucherbierg-Lalléngerbierg“ wurde in allen Konzepten mit einer Passerelle über die Eisenbahn berücksichtigt. Das Team aus London um das Büro Hawkins\Brown plante sogar, den Kühlturm als Aussichtsplattform zu nutzen und ihn per Seilbahn mit dem „Lallengerbierg“ zu verbinden.

Um eine Verbindung für Fußgänger und Radfahrer vom „Quartier Alzette“ zum Galgenberg herzustellen, soll eine Brücke über die bereits bestehende Eisenbahnbrücke im Neudorf gebaut werden. Ironischerweise sehen alle Stadtplaner diese Brücke genau an der Stelle, wo bis vor zwei Jahren noch die „Ronn Bréck“ stand. Im April 2017 wurde das einstige Wahrzeichen des Stadtviertels Neudorf abgerissen. Viel Wert legten die Ortsplaner auf den Bau von Schulen und eine gute Anbindung des Escher Stadtzentrums an das neue Viertel. Der Übergang soll möglichst direkt erfolgen und Fußgängern Priorität einräumen.

Autos raus aus dem Viertel

Überhaupt soll die sanfte Mobilität einen großen Stellenwert im „Quartier Alzette“ genießen. Fast alle Teams planen ein autofreies Viertel. Die Anbindung an die Bahn und an die schnelle Tram genießen Vorrang. Fußgänger- und Fahrradwege durchziehen das ganze Viertel. Für die Autos der Anwohner und Besucher haben die Stadtplaner Parkhäuser vorgesehen, die sie am Rande des Viertels ansiedeln. Das englische Team sieht an der Pförtneranlage am Boulevard Aloyse Meyer einen „Urban Concierge“ vor, der bestimmte Aufgaben und Dienstleistungen übernimmt.

Erfahren Sie in diesem Artikel mehr zu Geschichte des alten Stahlwerks.

Das italienisch-belgische Team um die Stadtplaner von Studio Paola Viganò aus Mailand legt besonders viel Wert auf nachhaltiges Wassermanagement und einen niedrigen Energieverbrauch. Sogar das innovative Konzept der Geothermie soll hier zum Einsatz kommen. Beim dänischen Team um das Architektenbüro Cobe aus Kopenhagen spielt die Kreislaufwirtschaft eine wichtige Rolle. In den großen Hallen will es Büros für Start-up-Unternehmen und experimentelles Wohnen ermöglichen. Bei der Entwicklung der Brache will Cobe trotz klarer Vorstellungen eine große Flexibilität bewahren, um im Laufe der Zeit Anpassungen vornehmen zu können.

Das französisch-schweizerische Team der Landschafts- und Stadtplaner Ilex aus Lyon hatte zumindest in der grafischen Ausarbeitung das rudimentärste Modell vorzuweisen. Das Elektro-Stahlwerk und den Kühlturm hat es nicht berücksichtigt, sodass davon auszugehen ist, dass es diese Industriedenkmäler abreißen möchte. Die schnelle Tram führt in diesem Modell durch die Walzwerk-Hallen.

„Comité politique“ muss Gewinner bestätigen

Auffällig sind bei Ilex die unterschiedlichen Viertel innerhalb des „Quartier Alzette“. Am Escher Zentrum will das Team ein Wohnen-im-Park-Konzept umsetzen, rund um die neue Bahnhaltestelle und im Zentrum der Brache soll die Bebauung deutlich höher und urbaner sein. An der Alzette hinter der Kulturfabrik sollen traditionellere Wohnformen entstehen, während in Schifflingen ein Ökoviertel mit geringer Baudichte geplant ist.

Laut Berechnungen des Studio Paola Viganò dauert es mindestens 20 Jahre, bis die Brache vollständig erschlossen ist. Vom 29. März bis 5. April hatten vier internationale Teams aus Stadt- und Verkehrsplanern eine Entwurfswerkstatt mit Workshop, Foren und Standortbesichtigungen abgehalten. Die Bürger konnten sich aktiv daran beteiligen. Am Donnerstagabend haben die vier Teams ihre stadtplanerischen Konzepte anhand von Modellen in einem Zelt auf dem Standort Esch-Schifflingen der Öffentlichkeit vorgestellt.

Am Freitagvormittag wählte die Jury, bestehend aus jeweils sieben Vertretern des Staates und von ArcelorMittal, sieben unabhängigen Experten sowie zwei Vertretern der Stadt Esch (Bürgermeister Georges Mischo und Schöffe Martin Kox), einem der Gemeinde Schifflingen (Bürgermeister Paul Weimerskirch) und einem Agora-Repräsentanten, das Gewinnerkonzept aus. Die Entscheidung der Jury müsse noch von einem „Comité politique“ mit Vertretern der Regierung bestätigt werden, erklärte Agora-Verwaltungsdirektor Yves Biwer auf Nachfrage. Der Gewinner werde frühestens Ende nächster Woche offiziell bekannt gegeben.

Vor der Umsetzung der Projekte will Agora noch eine wirtschaftliche Rentabilitätsprüfung durchführen. Die Phase der öffentlichen Prozeduren und Genehmigungen sowie die Abrissarbeiten und die Bodensanierung sollen bis 2022 abgeschlossen sein. 2023 oder 2024 könnte dann mit dem Bau der Infrastruktur und dem Verkauf von Wohnungen und Geschäftsflächen begonnen werden.

Pierre Ravarin
8. April 2019 - 1.53

Wer zahlt die Sanierung dieser Industrie-braache??? Arcelor- Mittal? Es wird wohl wieder gehandhabt wie in Belval! Mittal verdient sich eine goldene Nase und finanziert mit dem Ausxerkauf der ARBED-Immobilien den ARCELOR-Kauf!! Und jeder findet dies toll.