Nach Putsch gegen Omar al-Baschir: Demonstranten im Sudan geben nicht auf

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Die Militärführung im Sudan will eine Kompromisslösung mit der Opposition finden. Doch die Demonstranten trauen dem Frieden nicht. International bekommen die Streitkräfte erstmals Unterstützung.

Auch Tage nach dem Militärputsch im Sudan haben Tausende Demonstranten ihre Sitzblockade vor der Zentrale der Streitkräfte fortgesetzt. Mit Gesängen und Plakaten forderten sie, den Übergang zu einer zivilen Regierung einzuleiten, wie Augenzeugen am Sonntag in der Hauptstadt Khartum berichteten. Saudi-Arabien erklärte indessen seine Unterstützung für den militärischen Übergangsrat in dem arabisch geprägten Land.

Trotz des jüngsten Wechsels an der Spitze der Militärführung wollen Opposition und die Organisatoren der Proteste, darunter das gewerkschaftliche Bündnis SPA, weiter demonstrieren, bis alle ihre Forderungen erfüllt sind. Die Militärführung wollte noch am Sonntag weitere Gespräche mit den Anführern der Opposition führen.

Seit Donnerstag überschlagen sich in dem Land im Nordosten Afrikas die Ereignisse. Das Militär setzte infolge anhaltender Massenproteste den seit 30 Jahren regierenden Omar al-Baschir ab. Der bisherige Verteidigungsminister Awad Ibn Auf schwang sich zum Militärherrscher auf. Die Demonstranten wandten sich jedoch gegen den langjährigen Weggefährten Al-Baschirs. Am Freitag wurde er daher vom bisherigen Generalinspekteur abgelöst, Abdel Fattah Burhan, der als etwas volksnäher gilt. Er erklärte am Samstag, die zuvor verhängte nächtliche Ausgangssperre sei aufgehoben.

Uneinigkeit bei der Opposition

Zudem verkündete er den Rücktritt des Chefs des beim Volk verhassten Geheimdienstes NISS, Abdallah Gusch. Es war jedoch unklar, ob dessen Abgang durch einen Machtkampf innerhalb der Sicherheitsorgane oder die Proteste ausgelöst worden war. Burhan rief zudem zum Dialog mit allen oppositionellen Gruppen auf. Die während des Ausnahmezustands festgenommenen politischen Gefangenen sollten freigelassen werden, fügte er bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz hinzu.

Nach den ersten politischen Gesprächen mit der Militärführung am Wochenende zeichnete sich ab, dass sich die Opposition bezüglich einer Zusammenarbeit mit den Streitkräften nicht einig war. Einige Vertreter etablierter Parteien schienen für eine Kooperation offen zu sein. Andere Parteien sowie die Vertreter der Demonstranten und das Gewerkschaftsbündnis SPA lehnten eine Zusammenarbeit jedoch ab. Man könne nicht akzeptieren, dass Vertreter des «alten Regimes» im Amt blieben, sagte etwa Muchtar al-Chatib von der kommunistischen Partei.

Am Sonntag traf der stellvertretende Präsident des Militärrates, General Mohammed Hamdan Daglu, den amtierenden US-Botschafter Steven Koutsis, wie die staatliche sudanesische Nachrichtenagentur Suna berichtete. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sagten der Militärführung ihre Unterstützung zu. Saudi-Arabiens König Salman habe ein sofortiges Hilfspaket beschlossen, um den Sudan mit humanitären Gütern, Ölprodukten, Getreide und Medizin zu versorgen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SPA am späten Samstagabend. Das Königreich unterstütze den Sudan und die Entscheidungen des Militärrats.

Massenproteste seit 2018

Wie viel Hilfe Saudi-Arabien zur Verfügung stellen wollte, blieb zunächst offen. Sicher ist, dass der Sudan Unterstützung brauchen kann: Das Land mit rund 41 Millionen Einwohnern gehört einem UN-Index zufolge zu den 25 ärmsten Ländern der Welt und befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise. Die Emirate begrüßten ausdrücklich Burhans Ernennung. Dies sei ein Schritt vorwärts und spiegele die Wünsche der Sudanesen nach Sicherheit, Stabilität und Entwicklung wider, hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums der VAE. Es handele sich um einen entscheidenden Punkt der modernen Geschichte des Sudans.

Im Sudan war es seit Dezember 2018 zu Massenprotesten gekommen. Zunächst richteten sich diese gegen eine Erhöhung der Benzin- und Brotpreise, dann gegen die verfehlte Wirtschaftspolitik der Regierung und schließlich direkt gegen Präsident Al-Baschir. Das Militär führte dann die Proteste als Rechtfertigung an, warum es die Macht ergriffen hat. Der 75-jährige Al-Baschir wurde als Machthaber dargestellt, der kein Ohr mehr für die Probleme der Menschen hatte. Das Militär nahm ihn fest. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat gegen Al-Baschir wegen der brutalen Massaker in der westsudanesischen Provinz Darfur Haftbefehl erlassen. Die Militärführung will ihn aber nicht ausliefern.