Minister legen vor Abschluss des Weltklimagipfels Nachtsitzung ein

Minister legen vor Abschluss des Weltklimagipfels Nachtsitzung ein

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Kampf gegen die Erderhitzung ist eine Überlebensfrage der Menschheit, hat Entwicklungsminister Müller vor dem Weltklimagipfel gewarnt. Nun geht das Treffen in Polen dem Ende entgegen. Bringt eine Nachtschicht der Unterhändler den Durchbruch?

Vor dem geplanten Ende der UN-Klimakonferenz in Polen an diesem Freitag haben Unterhändler und Minister bis in die Nacht über Textentwürfe beraten. Bis kurz vor Schluss waren zentrale Streitpunkte noch ungelöst. Die polnische Präsidentschaft der Konferenz in Kattowitz (Katowice), zu der mehr als 30 000 Teilnehmer und Beobachter angereist sind, hatte zuletzt sogar eine Verlängerung ins Spiel gebracht.

Das Treffen der 196 Staaten und der EU läuft seit knapp zwei Wochen. Ziel ist unter anderem ein Regelwerk für die praktische Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015. Damals wurde vereinbart, dass die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll, möglichst sogar auf 1,5 Grad. Die zugesagten Maßnahmen der Staaten reichen dafür bei weitem nicht aus.

Ärmere Länder fordern verlässliche Finanzzusagen

Ein Konflikt auf der Konferenz ist, dass die ärmeren und vom Klimawandel besonders betroffenen Staaten verlässliche und längerfristige Finanzzusagen wollen. Zudem fordern sie eine öffentlich sichtbare Anerkennung der Schäden, die Klimawandel-Folgen wie Hitze, Dürre oder Überschwemmungen anrichten. Gestritten wird auch um ein klares Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel, das ein radikales Umsteuern erfordern würde.

Der deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber beklagte die Tatenlosigkeit vieler Staaten im Kampf gegen die Erderhitzung. «Das Defizit ist irrsinnig. Kaum ein Staat tut genug. Wir fahren diesen Planeten gerade an die Wand», sagte der Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Bezahlen dafür würden die jungen Leute, speziell in den verletzlichsten Gesellschaften weltweit. «Jungen Leuten, die ich treffe, sage ich: Eure Zukunft wird euch gerade gestohlen – seid ihr nicht zornig, seid ihr nicht ärgerlich?»

Machen die UN-Konferenzen noch Sinn?

Schellnhuber zweifelt auch daran, ob die großen jährlichen UN-Konferenzen noch Sinn ergeben. Denn in Richtung einer Senkung der Treibhausgas-Emissionen sei viel zu wenig geschehen. «Das Format der Klimakonferenzen läuft sich möglicherweise tot», bilanzierte er.

Deutschland könnte aus Sicht Schellnhubers mehr tun. «Wenn es ein Land gibt, dass ökonomisch und technologisch in der Lage zu einem ökologischen Umbau wäre, dann doch ganz sicher Deutschland mit seiner Vollbeschäftigung und den Überschüssen in der Staatskasse.»

Eine Protestaktion mit dem Motto «Schulstreik fürs Klima» der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg wollen an diesem Freitag auch deutsche Schüler folgen. Statt zur Schule zu gehen protestiert die 15-Jährige seit Monaten immer freitags gegen den Klimawandel. Zum Endspurt der UN-Klimakonferenz rief Thunberg nun zu einem internationalen Schulstreik auf. Proteste waren unter anderem in Berlin, Hamburg, München und Köln geplant.