Manfred Weber oder Alexander Stubb – Wer wird EVP-Spitzenkandidat und damit Junckers Nachfolger?

Manfred Weber oder Alexander Stubb – Wer wird EVP-Spitzenkandidat und damit Junckers Nachfolger?
Manfred Weber (l.) und Alexander Stubb

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In Helsinki beginnt heute ein zweitägiger Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP), auf dem sie ihren «Spitzenkandidaten» für die Europawahlen 2019 und somit für die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker festlegen will. Dabei treten zwei Kandidaten an: der EU-Parlamentarier Manfred Weber sowie der ehemalige finnische Ministerpräsident Alexander Stubb.

Die Parteifreunde haben seinen Rat berücksichtigt und die Kür ihres Spitzenkandidaten dieses Mal um Monate früher angesetzt. Denn Jean-Claude Juncker wurde erst im Februar auf den Schild der EVP für die damals im Juni stattfindenden Europa-Wahlen gehoben, weshalb er nicht ausreichend Zeit für den Wahlkampf gehabt habe, hatte der EU-Kommissionspräsident seine EVPler gewarnt. Deshalb schicken sie ihren Spitzenkandidaten bereits nach der morgigen Wahl auf ihrem Kongress in der finnischen Hauptstadt für die Wahlen vom 24. bis 26. Mai ins Rennen.

Europas Konservative müssen zwischen dem Deutschen Manfred Weber und dem Finnen Alexander Stubb entscheiden. Ersterer gehört der bayerischen CSU an und sitzt der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament vor. Ihm werden die besseren Chancen eingeräumt, von den 758 stimmberechtigten Delegierten in Helsinki die Zustimmung zu erhalten.
Nicht nur gilt der Bayer als gut vernetzt und hat mit den 88 Vertretern der CDU und CSU die stärkste Delegation hinter sich. Weber ist zudem mitten im Geschehen, während Alexander Stubb seit Juli 2017 nach seinem Ausscheiden aus dem finnischen Parlament nicht mehr aktiv in der Politik tätig ist. Seitdem ist er Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg.

Auch der luxemburgische EP-Abgeordnete Frank Engel, der als einer der elf CSV-Delegierten in Helsinki mit von der Partie ist, geht davon aus, dass Manfred Weber sich durchsetzen wird. Dennoch bescheinigt er Alexander Stubb, eine «bemerkenswerte Kampagne» innerhalb der Partei hingelegt zu haben, womit er viele Sympathien gewonnen habe.

Manfred Weber seinerseits warb in den vergangenen Tagen vor allem um die Stimmen der christlich-konservativ eingestellten Parteien innerhalb der EVP, indem er versprach, sich als Kommissionspräsident für ein Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einsetzen zu wollen (siehe auch Seite 10). Dies kann jedoch nur von den EU-Staaten beschlossen werden. Die sind jedoch derzeit weit von einer dafür notwendigen einstimmigen Haltung in der Türkei-Frage entfernt.

Kein Automatismus

Webers Nachteil allerdings ist, dass er in seiner doch schon langjährigen Politikerkarriere – er ist seit 2004 Abgeordneter im EP – bislang noch kein Regierungsamt innehatte. Im Gegensatz zu Alexander Stubb, der nach seinem Einstieg als EU-Parlamentarier 2004 in die Europa-Politik von 2008 an nacheinander Außenminister, Europa- und Außenhandelsminister, finnischer Regierungschef sowie Finanzminister war.

Bislang bevorzugten die EU-Staats- und Regierungschefs für das Amt des Kommissionspräsidenten jeweils einen Politiker aus ihrer Runde. Doch 2014 hatte mit dem deutschen SPD-Politiker Martin Schulz schon einmal einer seinen Hut in den Ring geworfen, der über keine Regierungserfahrung verfügte.

Die derzeit zweitgrößte Fraktion im EP, die Sozialdemokraten, wird ihren Spitzenkandidaten in der ersten Dezemberwoche bestimmen. Nachdem sich der slowakische EU-Kommissar Maros Sefcovic dieser Tage als Mitbewerber zurückgezogen hat, bleibt nur mehr der niederländische Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, als einziger Kandidat der SPE.

Ob nach den EU-Wahlen im Mai auch der Spitzenkandidat EU-Kommissionspräsident wird, dessen Fraktionen die meisten Sitze im EU-Parlament gewinnen konnte, ist allerdings nicht sicher. Es gebe keinen «Automatismus», hat Jean-Claude Juncker wiederholt erklärt. Auch Frank Engel meinte, dass eine Fraktion, die nur, wie derzeit prognostiziert, ein Viertel der Sitze auf sich vereinen werde, vernünftigerweise nicht darauf bestehen könne, den Kommissionspräsidenten zu stellen.

Und auch die EU-Staats- und Regierungschefs bestehen weiterhin darauf, ein Wörtchen mitreden zu können. Allerdings: Letztendlich bedarf es der Zustimmung der EU-Parlamentarier. Die hatten sich auch schon 2014 durchgesetzt und Jean-Claude Juncker, der vom damaligen britischen Premierminister David Cameron und dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban abgelehnt worden war, zum EU-Kommissionspräsidenten gewählt. Ob sich jedoch andere Mehrheiten im EP finden, ist nicht ausgeschlossen.

J.C. KEMP
7. November 2018 - 9.41

Mich wird besonders die Haltung einer csv gegenüber Orban interessieren. Ob jetzt den grossen Tönen Taten folgen werden.