Lebensraum Atelier – Der Luxemburger Künstler André Haagen wird 80 Jahre alt

Lebensraum Atelier – Der Luxemburger Künstler André Haagen wird 80 Jahre alt

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Er lebt inmitten seiner Kunst: Der luxemburgische Architekt, Maler und Zeichner André Haagen feiert am Mittwoch seinen 80. Geburtstag. Wir haben ihn in seiner Wohnung in Cessingen besucht, die ihm gleichzeitig als Atelier dient.

Schon im Treppenhaus glaubt man den Geruch von Ölpastell wahrzunehmen, den Staub zahlloser Kreidestifte einzuatmen: Dass in diesem Gebäude in Cessingen ein Künstler lebt und arbeitet, daran besteht kein Zweifel, wenn man die Stufen zur Wohnung von André Haagen hochsteigt.

Im ersten Stock wohnt er nun schon seit vielen Jahren. Lediglich Küche, Schlaf- und Badezimmer dienen dem ursprünglichen Zweck, Wohn- und Esszimmer dagegen wurden in ein geräumiges Atelier umfunktioniert.

An allen Ecken und Enden türmen sich hier Berge von Zeichnungen und Mappen mit Bildern in und auf den Regalen. An allen vier Wänden hängen rezente Arbeiten neben älteren Werken, kleinere und größere. Das Appartement dient ihm als Wohnung wie als Arbeitsplatz zugleich.

Erst vor Kurzem waren Dutzende Zeichnungen und Malereien des Künstlers aus den Jahren 1958 bis 2018 im Rahmen einer großen Retrospektive im Escher Stadttheater zu sehen.

Gefängnisse und Kirchen

André Haagen gehört trotz seines hohen Alters immer noch zu den produktivsten Künstlern des Landes. Derzeit realisiert er übrigens gerade einige Hundert kleinformatige Zeichnungen, die als Neujahrskarten dienen.

Eine seit Jahrzehnten immer wiederkehrende «Jahresendübung» für Haagen, der im Hauptberuf als Architekt tätig war. Die ersten Karten entstanden schon 1973. Es soll sogar einen Sammler geben, der aus jedem Jahr eine von ihm besitzt. Er selbst jedoch, so Haagen schmunzelnd, «habe sie nicht mehr alle».

«Eigentlich wollte ich ja schon als Kind Künstler werden, doch meine Mutter drängte mich dazu, einen ‹ordentlichen› Beruf zu erlernen», lächelt André Haagen. Er gehorchte der Mutter – die lang verstorbene, ältere Schwester des heute 97 Jahre alten bekannten Grafikers und Zeichners Pe’l Schlechter – und begann Anfang der 1960er-Jahre in der Hauptstadt mit der Arbeit als Architekt. Gemeinsam mit Jean Ewert entstanden Projekte wie u.a. die Privatschule Sainte-Sophie in Weimershof, das Gefängnis in Schrassig, verschiedene Supermärkte und die Abtei Neumünster.

Haagen zeichnete aber auch für etliche Neu- und Umbauten von Kirchen im ganzen Land, zum Beispiel in Beles, Bettemburg und Luxemburg-Stadt, verantwortlich. Auch zahlreiche kunstvolle Kirchenfenster sind Werke des gebürtigen Limpertsbergers.

Offiziell in Rente als Architekt ging der 80-Jährige im Jahr 2005, arbeitete jedoch noch einige Jahre an verschiedenen Projekten weiter. Seit rund zehn Jahren allerdings widmet sich Haagen nun einzig und allein seiner Kunst. Im elften Jahr lebt er nun in Cessingen in dem Appartement, das ihm als Atelier und als Wohnstätte zugleich dient.

Seine Karriere als Künstler begann bereits vor Abschluss seines Architekturstudiums, mit einer ersten Einzelausstellung in der nicht mehr bestehenden Galerie Horn in Luxemburg-Stadt. Das war 1958. «Aber ich habe vor allem der Stadt Esch viel zu verdanken, was meine Kunst angeht.» Jos Wampach, seinerzeit Direktor des Stadttheaters und der Escher Kunstgalerie, habe ihn in seiner Arbeit massiv unterstützt. Regelmäßig stellte Haagen – oft gemeinsam mit Nico Thurm, Guy Michels und Jeannot Lunckes – hier aus.

Ein Aquarellkasten aus Afrika

Sind die Werke Haagens heute von kalligrafischen Elementen geprägt und voll von kraftvoller Dynamik, so lebten seine Arbeiter früher von harmonischen, sanfteren Farbkompositionen. Heute arbeitet der Künstler vor allem mit Kohle, Pastell- und Ölpastellkreiden. Früher nutzte er, der sich eher als Zeichner denn als Maler sieht, hauptsächlich Aquarellfarben.

Den ersten Malkasten mit Aquarellfarben bekam er übrigens als Kind, während des gut drei Jahre andauernden Aufenthalts der Familie in Afrika (siehe «Zur Person»), von einem Lehrer geschenkt. Dieser hatte offensichtlich das Talent des jungen André erkannt.

 

Zur Person 

André Haagen wurde am 28. November 1938 in Luxemburg geboren und wuchs in Limpertsberg auf. Hier besuchte er die Grundschule. Nach einem rund dreijährigen Aufenthalt in der damaligen belgischen Kolonie Kongo – wohin die Familie zog, weil der Vater, ein Ingenieur, von seinem Arbeitgeber, der Firma Duchscher aus Wecker, dorthin entsandt worden war – besuchte André Haagen zunächst das hauptstädtische „Jongelycée“, dann, nach dem frühen Tod des Vaters, das damalige „Institut supérieur de technologie“. Anschließend ging es nach Brüssel, wo Haagen an der „Académie royale des Beaux-Arts“ (heute „Institut Horta“) fünf Jahre lang studierte, um als Diplomarchitekt seinen Abschluss zu machen. Als Architekt arbeitete er jahrelang mit Jean Ewert zusammen. Eine ganze Reihe bekannter Bauwerke, darunter das Schrassiger Gefängnis, tragen seine Handschrift. Seine erste Ausstellung als Künstler hatte er bereits 1958 in der Galerie Horn. André Haagen lebt und arbeitet in Cessingen.