Jhemp Hoscheit über sein neues Programm „Märd alors!“: „Ich bin nicht frech“

Jhemp Hoscheit über sein neues Programm „Märd alors!“: „Ich bin nicht frech“
Jhemp Hoscheit beschreibt sein Programm als lyrisch, poetisch, immer literarisch und manchmal sehr besinnlich

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Jhemp Hoscheit ist das, was man einen alten Hasen der Luxemburger Kabarettszene nennen kann. Angefangen hat er damit bereits in den 1980er-Jahren. Nun ist er mit seinem neuen Programm «Märd alors! Eng bësseg Chronik» auf Tournee.

Die Texte stammen zwar alle von ihm, trotzdem ist es eine Zwei-Mann-Show. Jhemp Hoscheit trägt, genau wie bei seinem vorigen Programm «Sorry fir den Duercherneen», seine Texte nicht alleine vor, sondern im Gespräch mit dem Sänger Julien Arpetti. Die Betonung liegt auf zusammen. Von Anfang an sei für ihn klar gewesen, dass Arpetti mit seiner Musik nicht als bloßer Pausenfüller fungieren sollte, erzählt er uns in einem Gespräch.

Und das ist dieser auf keinen Fall, wovon wir uns selbst bei der Premiere vorige Woche im Merscher Literaturarchiv überzeugen konnten. Die beiden scheinen das perfekte Satirepaar, bei dem Arpetti nicht nur zeigt, dass er ein guter Sänger und Musiker ist. Neben seinen ansprechenden und humoristisch vorgetragenen Liedern beweist er auch, dass er komödiantisches Talent besitzt.

Hoscheits Wahl des Gegenübers war also wohlbedacht, ebenso wie die Auswahl seiner Texte. Mit Witz, Satire und viel Ironie lässt er Monat für Monat des Jahres 2018 an uns vorüberziehen. Es sei das Ergebnis einer tagtäglichen Arbeit. Tag für Tag sammele er Nachrichten aus Zeitungen; in einem zweiten Arbeitsabschnitt wird ausgesondert und die Auswahl in eine kabarettistische Form gebracht.

Wie beim politischen Kabarett üblich, sind es vor allem nationale Politiker, die ihr Fett wegbekommen, wie z.B. Marc Spautz, der glaubte, er sei besonders witzig, als er sich für rosa Uniformen für die Polizei aussprach, Etienne Schneider und seine Weltraumträume, aber auch der Bischof und seine «Sauerei», der «väterliche» Donald Trump mit Emmanuel Macron, die Rolle von RTL bei den Wahlen, mit 14 Kandidaten aus dem Medienhaus, usw. Die Intensität seines Programms empfanden wir als «crescendo»: Erst wird das Publikum vor der Pause eingestimmt, bevor in der zweiten Hälfte (das Programm besteht aus zweimal 50 Minuten) die Pointen intensiver werden. Die Frage, ob er sich selber als frech bezeichnen würde, verneint Hoscheit: «Ich bin manchmal lyrisch, poetisch, eben immer literarisch, und manchmal sehr besinnlich.» Wenn auch nicht frech, so sei sein Programm jedoch nicht brav.

Obwohl bei der Premiere viel gelacht wurde, waren es keine billigen Witze, welche die Lacher verursachten: Hoscheit legt Wert auf Subtilität und ausgefeilten Wortwitz. Da scheine eben der Sprachlehrer durch. «Ich fange mir keine billigen Pointen à la Hoppen Théid. Ich bin zwar ein klein bisschen ‹clownesque›, jedoch stets mit viel Selbstironie, aber nie mit dem Vorschlaghammer, das kann ich nicht.»

Die Anfänge des politischen Kabaretts in Luxemburg sind indirekt in der Luxemburger Revue zu suchen. In den 1980er-Jahren bildete sich eine Gegenbewegung dazu, Leute, die diese Art von Theater mehr als bloße Volksbelustigung ansahen. Es war eine Rebellion gegen den Mief, die Trostlosigkeit und die «Pafen». Weswegen er und seine Kollegen sich eine wahre «Hetzkampagne» vom Wort haben gefallen lassen müssen. Sogar seine moralische Integrität als Lehrer sei von Heiderscheid (dem damaligen Wort-Direktor) in Frage gestellt worden.

Boomzeit in den 1980er- und 1990er-Jahre

Die 1980er- und 1990er-Jahre sieht Hoscheit als Boomzeit des politischen Kabaretts an. «Damals gab es sogar eine ‹Cabarets-Entente›, es gab um die zehn, zwölf Gruppen.» Er betont das Wort «Entente». Solidarität sei etwas, das es heute in dem Milieu nicht mehr gebe. Jeder Autor versuche, sein eigenes Süppchen zu kochen, was er zutiefst bedauere. Einen der damaligen Autoren hebt Hoscheit besonders hervor: Mars Klein. «Der hat uns damals mit seiner messerscharfen Satire den Weg gezeigt.»

Heute gibt es diese Gattung zwar immer noch, doch ist sie weniger beliebt. Es sei komplizierter geworden, weil das Publikum andere Genres bevorzuge, lautet seine Analyse – die Comedy, oder wie Hoscheit es nennt: «Anti-Kabarä» oder «Anti-Satire». «Das Kabarett wurde zu etwas Komödiantischem, ‹eppes Topegem›, verbreitet durch das Fernsehen oder die sozialen Medien, wo billige Platitüden ‹ge-liked› werden.»

Die Leute, vor allem jüngere Generationen, seien heutzutage weniger bereit, sich auf ein Programm von 100 Minuten einzulassen, wo einem außer Worten nichts geboten werde. Auch glaubten die Jugendlichen heute zu Unrecht, bei seinem Programm handele es sich um «elitäre Bopekabarä». Was aber nicht der Fall sei – und nicht ist, wie wir uns selbst überzeugen konnten. Eine Kunst ist es allemal, über diese Zeitspanne zugleich witzig und ernst zu sein. «Mir geht es darum zu zeigen, dass die Kraft des Wortes, der Sprache, das Einzige ist, was uns noch zusammenhält.» Frech und aggressiv könne er dabei nicht sein. «Abgesehen davon, dass das nicht mein Stil ist, wäre das kontraproduktiv.»

Jhemp Hoscheit ist ein alter Hase in dem Geschäft. Angefangen hat sein kabarettistischer Weg, wie schon angedeutet, in den Achtzigern. Der damalige Tageblatt-Journalist Josy Braun fragte ihn, ob er nicht mit ihm spielen wolle. Seinen ersten (Kabarett-) Text schrieb er 1980, mit dem Titel «De Poopst kënnt op Lëtzebuerg». Die Zusammenarbeit mit Josy Braun im Ensemble «Bëschzeck» war allerdings von kurzer Dauer. Sie gingen getrennte Wege: Braun mit einer neuen Truppe namens «JB mat Äis» und er mit «Bëschzeck 2».

Als sehr produktiv beschreibt Hoscheit die danach folgende Zusammenarbeit mit Jhemp Schuster. «Jhemp2»: «Cabarambo» (1986), «Chlorrosen» (1990), «Härentour» (1993). Ab 1995 legte er eine Pause mit dem Kabarett ein, die bis zum Jahr 2009 dauern sollte. In der Zwischenzeit entdeckte er sich selbst als «richtigen Schriftsteller». Sein erster Roman «Perl oder Pica» schlug ein wie eine Bombe. Nachdem er 1997 den dritten Preis beim nationalen Literaturpreis gewann und das Buch 1998 veröffentlicht wurde, erhielt er 1999 auch den Prix Servais. Heute ist das Buch bereits in der siebten Auflage.

2009 packte ihn wieder das Kabarett-Fieber. Zunächst steuerte er Texte bei Cabarenert bei. Da ihm die Aufführung in Form von Sketchen nicht mehr gefiel, entschloss er sich, sein eigener Interpret zu werden. «Märd alors!»