In Xavier Kieffers neuem Kriminalfall in Luxemburg dreht sich alles um Schokolade

In Xavier Kieffers neuem Kriminalfall in Luxemburg dreht sich alles um Schokolade

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Der designierte Botschafter der „Republik des befreiten Kongo“ stirbt auf dem Weg zu seiner Akkreditierung in Luxemburg. Eine Jugendfreundin von Ermittler Xavier Kieffer wird durch Schüsse in der Standseilbahn getötet. Die Spuren führen in den Kongo und enden bei den Machenschaften eines großen Schweizer Lebensmittelkonzerns. „Bittere Schokolade“ informiert über die Welt der Schokoladenherstellung und ist ein lesenswerter Krimi aus Luxemburg.

Der Autor

Tom Hillenbrand hat Politik und Wirtschaft an der Universität Duisburg studiert und mehrere Auslandsaufenthalte in den USA, Großbritannien und Luxemburg eingelegt. Hillenbrand schrieb unter anderem für das Handelsblatt, das Wall Street Journal Europe und von 2005 bis 2007 bei der Financial Times Deutschland. Von 2001 bis 2005 arbeitete er als Wirtschaftsredakteur und Technologie-Kolumnist für Spiegel Online. Von 2007 bis 2010 war er „Auto“-Ressortleiter bei Spiegel Online. Tom Hillenbrand lebt als freier Autor in München.

Mehrmals schon ist Xavier Kieffer mit der luxemburgischen Polizei aneinandergeraten. Vor allem mit der jungen, portugiesischstämmigen Hauptkommissarin Lobato verbindet ihn eine respektvolle Hassliebe. Der Koch, der schon lange der Sterneküche abgeschworen hat, betreibt das „Deux Eglises“ in Clausen und ermittelt unkonventionell und auf eigene Faust. Dabei ist er der „Police grand-ducal“ oft einen Schritt voraus, was die natürlich nicht gerne auf sich sitzen lässt.

Als sich seine Jugendfreundin Ketti Faber unerwartet nach 20 Jahren bei ihm meldet, nehmen unvorhersehbare Dinge ihren Lauf. Gerne erinnert er sich nicht an die wilden Lehrjahre in Paris und die sechs Jahre mit der Luxemburgerin. Die Chocolatière lebt mittlerweile in Brüssel und versucht die Welt ein wenig besser zu machen. Mit Schokolade.

Showdown auf dem Kirchberg

Der Rohstoff dafür kommt von einer Kakaoplantage im Kongo und soll vor Ort in Afrika verarbeitet werden. Ethisch korrekt und ohne Kinderarbeit. Mysteriös ist nur, dass die Plantage wie ein Hochsicherheitstrakt gesichert, kaum zugänglich und ihr Betreten offensichtlich gefährlich ist. Bei einem Überraschungsbesuch Kieffers in Afrika kehrt er ohne seinen afrikanischen Führer vor Ort zurück. Gleichzeitig gerät seine französische Freundin Valérie Gabin, mit der er eine Fernbeziehung zwischen Luxemburg und Paris führt, heftig unter Druck. Das traditionsreiche Familienunternehmen, Olymp der französischen Gastrokritik, ist in finanziellen Nöten. Zu lange hatte man geglaubt, in Zeiten von Wi-Fi und Smartphones die Bewertungen der Kochkünste auf Papier verkaufen zu können.

Probleme über Probleme, bei denen auch der reichlich verzehrte Rivaner von der Mosel an der Theke des „Deux Eglises“ und Kieffers finnischer Freund Pekka Vatanen nur bedingt helfen können. Vatanen ist EU-Beamter, Abteilung Recherchedienst, und ein typischer Vertreter der Expats, die im Land leben, es aber nicht wirklich kennen. In einem Bankengebäude auf Kirchberg kommt es schließlich zum Showdown, bei dem ein Schweizer Lebensmittelkonzern mit seinen Geschäftspraktiken eine nicht unwichtige Rolle spielt.

Regional verankerte Krimis leben vom Setting. Das ist Autor Tom Hillenbrand auch im sechsten Fall rund um den eigenwilligen Helden Xavier Kieffer gelungen. Der Mittfünfziger ist der steile Gegensatz zur hochpolierten Finanzwelt des Großherzogtums. Ausgebeulte Cordhosen und eine von jahrelangem Tragen gezeichnete Lederjacke sind Kieffers „fashion statement“.

Sympathischer Typ mit Kochmütze

Zu seinem herrlich antiquierten Lebensgefühl gehören die unvermeidlichen „Ducals“ – jeder Antiraucher-Kampagne des „Ministère de la Santé“ zum Trotz – wie auch ein altes Auto mit Geschichte und Kassettendeck. Die Fähigkeiten eines iPods haben sich zwar bis zu ihm herumgesprochen, mit der „neuen“ Technik wird er aber nicht richtig warm.

Außerdem dürfen bei einem „kulinarischen Krimi“, wie es im Untertitel des Buches heißt, die landestypischen Spezialitäten aus Kieffers Küche wie „Huesenziwwi“, „Hiecht am Schäffchen“ oder „Biwwelamoud“ nicht fehlen. Das täuscht aber nicht über die Tatsache hinweg, dass „Bittere Schokolade“ Kulinarik zwar zum Thema hat, im Kern aber ein Wirtschaftskrimi ist.

Es geht um das Wirtschaftsgut „Lebensmittel“ – auch wenn Schokolade verzichtbar ist. Wie weit die Macht großer Lebensmittelproduzenten geht, zeigt gerade der Streit zwischen dem Discounter Kaufland und dem niederländisch-britischen Konsumgüterhersteller Unilever. Der europäische Händler wirft die Produkte des Herstellers zum 31. Dezember aus den Regalen, weil er die Preiserhöhungen von Unilever und damit dessen mutmaßliche Marktmacht nicht mittragen will. Da hilft auch das „Nachhaltigkeits“-Mäntelchen nicht, mit dem sich nicht nur Unilever auf seiner Internetseite, sondern – wie im Buch – auch der Schweizer Konzern „Hüetli“ reinwaschen will. Letztere machen das im Kongo und wie sich herausstellt mit sehr fragwürdigen „social compliance“-Praktiken.

Neben Tempo und Action gibt „Bittere Schokolade“ einen detailreichen Einblick in das Lebensgefühl in Luxemburg. Gäbe es so eine Auszeichnung, wäre das Großherzogtum preisverdächtig in der Kategorie „Beste Nebenrolle“.