Im Café „Le Pirate“ in Lallingen haben die Frauen das Kommando

Im Café „Le Pirate“ in Lallingen haben die Frauen das Kommando

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Das Café „Le Pirate“ darf sich einer langen Tradition rühmen und der Tatsache, heute nur von Frauen geführt zu werden. Wirklich einzigartig aber ist die Atmosphäre, die die vier Damen Eva, Jana, Alex und Tatjana gemeinsam mit ihrer treuen und bunt gemischten Kundschaft schaffen – meilenweit entfernt von jenen sterilen Caféhäusern, die weltweit aus dem Boden sprießen.

Die typische Kneipe um die Ecke im Viertel Lallingen befindet sich an einer Ecke: „Le Pirate“. Nicht zu verfehlen und gleichermaßen beliebt bei jüngeren und älteren Gästen. Wem es zu Fuß zu weit ist, der darf sich über den großen Parkplatz vor der Tür freuen. Im Innern sieht es, mit etwas Fantasie, fast aus wie auf einem alten Segelschiff. Holz dominiert. Ein wuchtiger Tresen beherrscht den Raum. Dahinter liegen die Kombüse und ein großer Versammlungsraum. Kein Glücksspielautomat. Aber einen Fernseher gibt’s, um ja kein wichtiges Sportereignis zu verpassen. Nichts erinnert heute mehr an das kleine Lebensmittelgeschäft „Épicerie Kraetzer“, das bis in die 60er Jahre hier die Stellung hielt.

Lustige Sprüche

Im März 2005 übernehmen Eva und ihre Schwester Jana das Lokal. „Le Pirate“ heißt es damals schon. Die beiden Frauen stammen aus der Tschechischen Republik. Seit jungen Jahren sammeln sie Erfahrung im Gaststättenbereich. „Als sich hier die Möglichkeit geboten hat, etwas Eigenes zu machen, haben wir zugegriffen“, sagt Eva, die Chefin. 2010 kommt die Luxemburgerin Alex hinzu und seit vier Jahren gehört auch Tatjana aus Brasilien zum munteren Quartett.

Alle vier pflegen einen lockeren und vertrauten Umgang mit ihren Kunden. Die bedanken sich mit einem Dauerabonnement am Tresen und mit kleinen Geschenken, die dem Namen des Hauses gerecht werden. Sie hängen neben den vielen kleinen Blechschildchen mit lustigen Sprüchen wie „Bier ist billiger als eine Therapie“ oder „Schone Wasser, trinke Bier!“.

Geöffnet ist an sieben Tagen die Woche, von frühmorgens bis spätabends. Außer am Sonntag. Da ist nach dem Apéro Schluss, betont Jana: „Wir haben ja schließlich auch noch eine Familie!“ Wobei die vier Damen sich selbst auch als Familie sehen: „Wir halten zusammen!“, so Alex. „Nous sommes uniques!“, fügt Tatjana hinzu.

Auf Kurs bleiben

Einzigartig sind sie wirklich. Und wer in Alkohol geschwängertem Übermut seine Grenzen nicht mehr kennt, dem nehmen die Damen schnell den Wind aus den Segeln.
Wirklich bedrohlich sei es aber noch nie gewesen, sagt Alex. Seine Popularität verdankt das „Le Pirate“ auch seinem üppig bemessenen Tagesgericht. Besonders die „Roulades de boeuf“ haben Kultstatus.

Bei schönem Wetter verlagert sich das Gelage raus auf die Terrasse. Dass die an einer belebten Straßenkreuzung, gegenüber vom Friedhof und einer Grundschule, liegt, stört die wenigsten. Auch jene nicht, die an lauen Sommerabenden mit einer Barbecue-Party vor der Tür des Cafés für Stimmung sorgen.

Eva, Jana, Alex und Tatjana bleiben auf Kurs und wollen den Wind der Freiheit noch lange genießen. Schieflage kennen höchstens ab und an nur einige der Gäste. Übrigens, wer zu später Stunde das Café verlässt und sich bewusst wird, kein Brot mehr zum Frühstück zu haben, der kann seit kurzem ein Baguette aus dem nicht unumstrittenen Automaten genau gegenüber mitnehmen.

 

Von unserem Korrespondenten Marco Goetz