Höllenritt nach Brüssel: May blitzt bei Juncker ab

Höllenritt nach Brüssel: May blitzt bei Juncker ab

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Die britische Premierministerin ist im Brexit-Streit bei EU-Kommissionschef Juncker abgeblitzt. Die Gespräche gehen dennoch weiter, es soll sogar neue Optionen geben.

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, Brüssel

Die Begegnung muss frostig gewesen sein. So frostig, dass EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und die britische Premierministerin Theresa May nach ihrem Treffen in Brüssel allen Nachfragen auswichen und eine schriftliche Erklärung herausgaben. Darin ist von einer „robusten, aber konstruktiven“ Debatte die Rede – eine diplomatische Formel für Streitgespräche, bei denen die Wände wackeln.

Eine Überraschung ist das nicht. Schließlich herrscht zwischen Brüssel und London schon seit Tagen politische Eiszeit. Mit ihrer Forderung, den im November gemeinsam abgeschlossenen Austrittsvertrag wieder aufzuschnüren, sorgte May in Brüssel für Empörung. Als EU-Ratspräsident Donald Tusk dann am Mittwoch auch noch die „planlosen“ Brexiteers zur Hölle wünschte, standen die Zeichen auf Sturm.

Eiszeit in Brüssel

„Ich denke manchmal darüber nach, wie der besondere Platz in der Hölle für jene aussieht, die den Brexit vorangetrieben haben, ohne auch nur die Skizze eines Plans zu haben, ihn sicher über die Bühne zu bringen“, hatte der polnische EU-Politiker getweetet. Juncker versuchte zwar noch, Tusks Affront zu relativieren. Sein Job in der EU-Kommission sei auch „die Hölle“, scherzte er.

Doch kurz danach kam die nächste Breitseite aus Brüssel, diesmal aus dem Europaparlament. Der Brexit-Beauftragte der EU-Abgeordneten, Guy Verhofstadt, setzte noch einen drauf und attackierte die Brexiteers frontal: „Nun, ich bezweifle, dass Luzifer sie willkommen heißen würde. Denn nach dem, was sie Großbritannien angetan haben, würden sie es wohl sogar schaffen, die Hölle zu spalten.“

So frostig und undiplomatisch wurde wohl noch nie ein Regierungschef in Brüssel empfangen. Immerhin wusste May, dass sie nicht auf Kompromissbereitschaft hoffen durfte, als sie am Donnerstag Mittag mit Juncker zusammentraf. „Wir werden das Austrittsabkommen nicht wieder aufmachen“, betonte Juncker. Der umstrittene Brexit-Deal sei bereits ein sorgfältig ausbalancierter Kompromiss.

Wiedersehen im Februar

Demgegenüber betonte May, dass dieser Deal im britischen Unterhaus keine Mehrheit finde. Sie erklärte, warum sie nun eine Änderung des Backstop für Irland fordert – was die EU ebenfalls ablehnt –, und legte erstmals „verschiedene Optionen“ vor, wie es in der Erklärung heißt. Allerdings blieb offen, wie diese Optionen aussehen sollen – und ob sie eine Mehrheit im Unterhaus finden würden.

Genau das ist jedoch eine Grundvoraussetzung für die EU, um sich überhaupt auf Verhandlungen einzulassen. Dies hatte der mächtige deutsche Generalsekretär der EU-Kommission, Martin Selmayr, bei einem Treffen mit britischen Abgeordneten klargestellt. Nur wenn May glaubhaft darlegen kann, welche Änderungen sie fordert und wie sie dafür eine Mehrheit findet, könnte sich die EU noch ein wenig bewegen.

Doch selbst dann sollen nur Änderungen an der – rechtlich unverbindlichen – Politischen Erklärung möglich sein, die den Austrittsvertrag ergänzt. Darauf legte Juncker nach seinem „robusten“ Treffen mit May großen Wert. Immerhin waren sich die beiden Politiker am Ende in einem Punkt einig: Sie wollen sich noch im Februar wiedersehen. Vielleicht ist die Atmosphäre dann ja nicht ganz so frostig.

Für alle Fälle bereitet sich die EU jedoch weiter auf ein Scheitern der Gespräche und einen „harten Brexit“ ohne Abkommen vor. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) denkt bereits über einen Emergency-Plan nach. Großbritannien würde dabei nach dem EU-Austritt am 29. März weiter in den europäischen Haushalt einzahlen. Im Gegenzug würde die EU ihrerseits weiter Zahlungen etwa für Forscher oder Landwirte leisten, sagte Oettinger. Dieses Angebot sei „ein kleines Austrittsabkommen“, fügte er hinzu. Allerdings ist völlig offen, ob sich London nach einem harten Bruch noch darauf einlassen würde.

alois
8. Februar 2019 - 20.28

Das britische Volk will eigentlich gar keinen Brexit.May scheint auf diesen Ohren taub zu sein.Aber welcher Politiker verliert schon gerne auf diese Art und Weise seinen hochdotierten Platz!! Go home Madame MAY!!

Nairam
8. Februar 2019 - 11.03

Ich habe bereits 2016 gesagt, dass das Irland-Problem (Nordirland zugleich in und außerhalb der EU) keine Lösung besitzt. Doch statt sich das von Anfang an klarzumachen, hat man erst ein 600-Seiten-Konvolut ausgearbeitet und das unlösbare Problem bis jetzt vor sich hergeschoben. Im schlimmsten Fall kommt der harte Brexit, Irland muss die EU-Außengrenze schützen, und dann haben wir die Grenze auf der irischen Insel. Außer Spesen nichts gewesen.