Frankreichs Regierung sucht Antwort auf Proteste – Krisensitzung im Elysée

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Nach der massiven Gewalt bei Protesten der «Gelbwesten» setzt die französische Regierung auf Härte. Innenminister Christophe Castaner brachte die Verhängung des Ausnahmezustands ins Spiel. Präsident Emmanuel Macron beriet am Sonntag in einer Krisensitzung mit mehreren Ministern über eine Reaktion auf die Krawalle. Die Randalierer würden vor Gericht gestellt, sagte er. Landesweit waren gut 260 Menschen verletzt worden, es gab hunderte Festnahmen. Im Zentrum von Paris spielten sich chaotische Szenen ab. Macron machte sich nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel in Buenos Aires am Sonntag ein Bild von den Zerstörungen in Paris. Er besuchte den Triumphbogen, den Demonstranten mit Parolen wie «Triumph der Gelbwesten» und «Macron, tritt zurück!» besprüht hatten.

Auf der nahe gelegenen Avenue Kléber traf er Geschäftsleute, deren Läden verwüstet worden waren. In einer Rede dankte Macron den Einsatzkräften. Dabei wurde er von «Gelbwesten»-Demonstranten ausgebuht. Am Vortag hatten sich in ganz Frankreich nach Angaben des Innenministeriums 136.000 Menschen an den Demonstrationen der «Gelbwesten» beteiligt. In der Hauptstadt Paris schlugen die Proteste in Gewalt um. In den Straßen im Stadtzentrum kam es zu Ausschreitungen, als Randalierer Barrikaden errichteten, Autos anzündeten und Fensterscheiben einwarfen. Ordnungskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein. Rund 4.600 Polizisten waren im Einsatz. Am Samstagabend beruhigte sich die Lage wieder.

Warnung an die Randalierer

Von Buenos Aires aus richtete Macron am Samstag eine scharfe Warnung an die Randalierer. «Ich werde niemals Gewalt akzeptieren», sagte er. «Kein Anliegen rechtfertigt den Angriff auf Staatsvertreter, die Plünderung von Geschäften, die Bedrohung von Passanten und Journalisten und die Besudelung des Arc du Triomphe.» Marcon beriet dann am Sonntag in einer Krisensitzung im Elysée-Palast mit Innenminister Castaner, Innenstaatssekretär Laurent Nuñez und Umweltminister François de Rugy über das weitere Vorgehen der Regierung. Zu den Ergebnissen der rund anderthalbstündigen Unterredung wollte sich Macron zunächst nicht äußern. Auch Innenminister Castaner zeigte sich am Samstagabend schockiert.

Um die Lage unter Kontrolle zu bringen, komme auch die Verhängung des Ausnahmezustands in Betracht, sagte er. «Bei allem, was zu mehr Sicherheit führt, habe ich kein Tabu. Ich bin bereit, alles zu überprüfen.» Landesweit wurden bei Protestaktionen der «Gelbwesten» 263 Menschen verletzt, die Hälfte von ihnen in Paris. In der Hauptstadt nahm die Polizei 412 Menschen fest, von denen sich am Sonntag noch 378 in Gewahrsam befanden. An einer von «Gelbwesten» errichteten Straßenblockade nahe der südfranzösischen Stadt Arles kam es zu einem tödlichen Unfall. Ein Mann fuhr dort mit voller Geschwindigkeit auf das Ende eines Staus auf, der sich vor einer Barrikade der Demonstranten gebildet hatte, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

Philippe sagt Reise zum Klimagipfel ab

Es ist der dritte Todesfall seit Beginn der Protestaktionen Mitte November. Wegen der Ausschreitungen sagte Premierminister Edouard Philippe seine Reise zum Klimagipfel nach Polen ab. Er sprach von einem «selten erreichten Ausmaß der Gewalt». Regierungssprecher Griveaux forderte seine Landsleute auf, angesichts der Gewalt eine «nationale Union» für die Sicherheitskräfte zu bilden. Zugleich kündigte Griveaux eine Fortsetzung der Reformpolitik an. «Wir haben gesagt, dass wir den Kurs nicht ändern werden. Denn der Kurs ist gut.» Allerdings sei die Regierung bereit zum Dialog mit Vertretern der «Gelbwesten».

Mehrere Oppositionspolitiker warfen der Regierung dagegen vor, die Gewalt eskalieren zu lassen, um die «Gelbwesten» zu diskreditieren. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen forderte am Sonntag Neuwahlen, um die «politische Krise» zu überwinden. Die «Gelbwesten» fordern unter anderem Steuersenkungen sowie eine Anhebung von Mindestlöhnen und Renten.