Flying Dutchman: Ein Globetrotter übernimmt die Luxemburger Kultdisko

Flying Dutchman: Ein Globetrotter übernimmt die Luxemburger Kultdisko

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Die Fallschirme im „Flying Dutchman“ in Befort hängen zwar noch, doch ein frischer Wind umweht sie. Auf einer Weltreise fasste Dan Terrao den Entschluss, die Kultdisco zu übernehmen.

Beim Eintreten in die Disko kommt es einem vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Neben dem Tresen steht ein Flipperautomat aus einem vergangenen Jahrzehnt. An der Decke hängen zwei Fallschirme, die so alt sind, dass sich niemand genau daran erinnern kann, wie und weshalb sie aufgehängt wurden. „Es war sehr viel Arbeit, die Räumlichkeiten herzurichten. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht“, scherzt Dan Terrao (38) bei der Begrüßung.

Von 2016 bis zu seiner Reise hat der gebürtige Echternacher im Institut St-Joseph in Betzdorf gearbeitet. Er war dort als Gruppenleiter für die Arbeitseinteilung von zwölf Betreuern sowie das Wohl von neun Menschen mit einer Behinderung zuständig. „Ich wollte immer reisen und die Welt sehen. Irgendwann hatte ich genug gespart und mir mit dem 8. August 2017 das Stichdatum zum Startschuss meiner Weltreise gesetzt. An meinem Arbeitsplatz habe ich mir ein Jahr unbezahlten Urlaub genommen“, erinnert sich Dan.

Erste Station: Düsseldorf

Der erste Schritt ist immer der schwerste und tat in diesem Fall auch noch sehr weh. „Als erste Etappe meiner Weltreise habe ich bewusst Düsseldorf gewählt. Dort hatten wir den Junggesellenabschied von einem sehr guten Freund gefeiert. Leider hatte dieser im Sommer 2017 einen tödlichen Unfall“, sagt Dan und lässt den Blick lange über das Pink-Floyd-Poster neben dem Eingang des Flying Dutchman schweifen.

Von Düsseldorf aus flog er in die USA. Dort nahm er am berühmten „Burning Man“-Festival in der Wüste von Nevada teil. Das 1.000 Euro teure Ticket beinhaltet nur den Campingplatz mitten in der Wüste und den Eintritt zu den kulturellen Happenings. Verkaufsstände gibt es keine. Alle Besucher müssen für ihre Versorgung selbst aufkommen.

„Die anderen Festivalbesucher reisten mit riesigen Trucks an. Ich hingegen war ganz allein und nur mit einem Leihwagen da. Das sorgte anfangs für Verwirrung, doch ich fand schnell Anschluss. Bereits auf dem ‹Burning Man› dachte ich daran, meinen Job zu kündigen. Ich wollte einfach etwas mit Menschen und mit Kunst machen“, erzählt der Weltenbummler.

Mit Motorrad und Gitarre

Auf dem Weg nach Kuba geriet sein Flugzeug in einen Tropensturm und die Passagiere wurden bis zur Landung kräftig durchgeschüttelt.

„An das Fliegen habe ich mich nie gewöhnt. Mir war jedes Mal mulmig zumute. Deshalb habe ich mich fast nur über Land fortbewegt. In Indien habe ich mir das Motorradfahren beigebracht. Einen Großteil des asiatischen Kontinent habe ich mit dem Motorrad bereist.“

Die Reise ging von Kuba weiter durch Südamerika bis nach Neuseeland und Asien. „Neben meinem Rucksack hatte ich immer meine Gitarre dabei. Überall, wo ich hinkam, wurde ich mit offenen Armen empfangen. Die Musik half mir dabei. Den Entschluss, meinen alten Job zu kündigen und den ‹Flying Dutchman› zu übernehmen, habe ich bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Reise gefasst“, erzählt Dan.

Nach 13 Monaten und 19 Ländern musste Dan seine Reise jedoch vorzeitig beenden. Eigentlich wollte er mit dem Zug durch China und über Russland wieder nach Europa reisen. Seinen Geburtstag wollte er mit einem alten Freund in Peking feiern. Doch die chinesischen Behörden verweigerten ihm ohne Begründung die Einreise. So musste er noch ein letztes Mal in einen Flieger steigen, um die Heimreise nach Europa anzutreten.

„Ich möchte meine Erfahrungen und Erlebnisse in die Gestaltung des ‹Flying Dutchman› miteinbauen. Im Sommer werde ich ein größeres soziokulturelles Projekt starten. Ich möchte weiterhin neue künstlerische Räume schaffen. Ich liebe es, das zu tun“, schwärmt Dan.

Ein neues Abenteuer

Jeden ersten und dritten Freitag im Monat wird eine Band in Befort auftreten. Willkommen ist einfach jeder, solange er die Freiheit des anderen nicht einengt. An den Samstagen ist normaler Diskobetrieb. Um Gewalt erst gar nicht aufkeimen zu lassen, wird überlegt, einen Sicherheitsbeamten am Eingang zu positionieren.

Am vergangenen Freitag feierte der neue Leiter seinen gelungenen Einstand. Bereits am ersten Abend konnte er für sein erstes organisiertes Konzert „sold out“ verbuchen.
„Die Reise musste ich unternehmen, um zu mir selbst zu finden“, sagt Dan. „Vor allem die Einsamkeit hat mir öfters zu schaffen gemacht. Aber ich habe bislang keine Sekunde bereut und freue mich auf das nächste Abenteuer, das ich mit dem ‹Flying Dutchman› erleben werden.“