Die politische Stellung des Großherzogs

Die politische Stellung des Großherzogs

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Welche politische Stellung hat der Großherzog? Was sind seine Aufgaben und wo liegen die Ursprünge der großherzoglichen Familie?

Bei der Thronbesteigung legt der Großherzog vor der Abgeordnetenkammer oder vor einer von dieser designierten Delegation folgenden Eid ab: Ich schwöre, die Verfassung und die Gesetze des Großherzogtums Luxemburg zu beachten, die nationale Unabhängigkeit und Unversehrtheit des Staatsgebietes sowie die öffentlichen und persönlichen Freiheiten zu wahren.“ (Artikel 5). Artikel 33 der Verfassung legt fest, dass der Großherzog Staatsoberhaupt, Symbol der Einheit und Garant für die Unabhängigkeit des Landes ist. Im Einklang mit der Verfassung und den Gesetzen des Landes übt er die vollziehende Gewalt aus.

Er vertritt den Staat in den auswärtigen Beziehungen und hat einen maßgeblichen Anteil an der Ausübung der legislativen Gewalt. Urteile werden in seinem Namen gesprochen, ohne dass er jedoch in die richterliche Gewalt eingreifen kann. Seine rechtliche Stellung ist durch den repräsentativen Charakter seiner Funktion gekennzeichnet, durch die Verfassungsmäßigkeit seiner Befugnisse, die Unverletzlichkeit seiner Person, seine Nicht-Verantwortlichkeit sowie durch Sonderbestimmungen bezüglich seiner Vermögensrechte und der Zivilliste.

Die Vertretungsfunktion des Großherzogs basiert auf dem in der Verfassung verankerten Grundsatz der Vererbung der Krone. Die Verfassung räumt dem Staatsoberhaupt eine Stellung außerhalb und über den politischen Parteien ein und gewährleistet so seine Überparteilichkeit. Die Unverletzlichkeit des Großherzogs bedeutet, dass er durch niemanden angeklagt oder gerichtlich belangt werden kann. Er unterliegt keiner Rechtsprechung und kann nicht für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Unverletzlichkeit führt ebenfalls zu der gänzlichen Nicht-Verantwortlichkeit des Großherzogs. Diese ist sowohl vom strafrechtlichen als auch vom politischen Standpunkt aus allgemein und absolut.

Der politischen Nicht-Verantwortlichkeit des Großherzogs steht die ministerielle Verantwortlichkeit gegenüber. Jede vom Großherzog in der Ausübung seiner politischen Befugnisse getroffene Maßnahme muss durch ein Mitglied der Regierung gegengezeichnet werden, das hierfür die ganze Verantwortung übernimmt.


Vorrechte des Großherzogs

Die Vorrechte des Großherzogs würdigen eine Tradition, die stark in der Verfassung des Großherzogtums seit 1868 verankert ist. Jedoch zeigt die Wirklichkeit, dass die Ausübung der großherzoglichen Herrschergewalt pragmatischer und weniger rigoros ist, als die Verfassung es zu indizieren scheint.

Die Vorrechte des Großherzogs werden hauptsächlich in den Artikeln 33 bis 48 der Verfassung aufgelistet. 1919 werden die durch die Verfassung von 1868 festgesetzten Vorrechte neu definiert: Die souveräne Macht liegt nicht mehr bei der Person des Herrschers, sondern beim Volk. Somit werden die Bedingungen für eine persönliche Politik aufgehoben und der Großherzog übt seine Macht in Einklang mit der Verfassung und den Gesetzen des Landes aus. Des Weiteren wurde die Verfassung nach der Einmischung von Großherzog Henri in die Euthanasie-Debatte geändert. Seitdem hat der Großherzog kein Sanktionsrecht mehr, sondern darf Gesetze nur noch verkünden (promulguer).

Der Großherzog erlässt die zur Ausführung der Gesetze erforderlichen Verordnungen und Erlasse, ohne die Gesetze selbst aufheben oder ihre Ausführung verhindern zu können. Das Recht wird im Namen des Großherzogs von den Gerichtshöfen und Gerichten gesprochen. Die Rechtssprüche und Urteile werden im Namen des Großherzogs vollstreckt, ohne dass er jedoch in die richterliche Gewalt eingreifen kann (Artikel 49).

Die Verfassung gibt dem Großherzog jedoch auch das Begnadigungsrecht, das heißt, das Recht, die von den Richtern ausgesprochenen Strafen zu verringern oder aufzuheben. Theoretisch regelt der Großherzog die Organisation der Regierung, die wenigstens aus drei Mitgliedern bestehen muss, indem er seine Minister frei wählen und entlassen kann, wenn er dies für erforderlich hält. In der Praxis benennt der Großherzog jedoch auf der Grundlage des Wahlergebnisses einen Berichterstatter und/oder Regierungsbildner, der im Allgemeinen den Posten des Premierministers übernimmt.

Der Regierungsbildner stellt dem Großherzog die Mitglieder der Regierung vor. Hierbei handelt es sich normalerweise um bedeutende Persönlichkeiten, die Mitglieder der in der Abgeordnetenkammer vertretenen politischen Parteien sind. Der Großherzog ernennt und vereidigt die Regierungsmitglieder. Er hat noch nie einen Minister entlassen. Der Tradition gemäß teilt die gesamte Regierung dem Großherzog nach den Wahlen ihren Rücktritt mit.


Die Ursprünge: Das Herrscherhaus Nassau-Weilburg

Auf dem Wiener Kongress von 1814 bis 1815 beschließen die europäischen Mächte die Neuorganisation Europas. Infolgedessen wird das Königreich der Niederlande gegründet und Wilhelm von Oranien-Nassau zum König der Niederlande erklärt. Das Herzogtum Luxemburg wird Wilhelm I. zugesprochen und zum Großherzogtum erklärt. Theoretisch wird Luxemburg mit dem Wiener Kongress zu einem unabhängigen Land. Wilhelm I. gliederte es jedoch seinem Königreich an und verwaltete Luxemburg, als sei es die 18. Provinz der Niederlande gewesen.

Durch den Londoner Vertrag von 1839 wird Luxemburg wirklich unabhängig. Der Vertrag bestätigt die Souveränität und die Unabhängigkeit des Großherzogtums, obwohl das Land in einer Personalunion mit dem König der Niederlanden steht und Mitglied des Deutschen Bundes ist. Als Folge des Londoner Vertrages wird Luxemburg aufgeteilt: Der französischsprachige Teil geht an das Königreich Belgien, der deutschsprachige Teil bildet das autonome Großherzogtum.

Die Entstehung der nationalen Identität ging einher mit der nach und nach errungenen Unabhängigkeit und wurde ab 1890 durch die Präsenz des großherzoglichen Herrscherhauses in Luxemburg verstärkt.

Gemäß dem Familienpakt des Hauses Nassau von 1783 sollte die großherzogliche Krone nach dem Tod des letzten männlichen Nachkommen der Familie von Oranien-Nassau an den Familienzweig Nassau-Weilburg übergehen. Da Wilhelm III. von Holland keinen männlichen Nachkommen hinterlässt, geht die großherzogliche Krone an Herzog Adolph von Nassau über, während Wilhelmine, die älteste Tochter von Wilhelm III., als Nachfolgerin ihres Vaters den Thron der Niederlande besteigt, für den eine andere Erbschaftsfolge als für das Großherzogtum gilt. Folglich endet auch die Personalunion zwischen Luxemburg und den Niederlanden mit dem Tod von Wilhelm III. 1890 gründet Großherzog Adolph von Nassau im Alter von 73 Jahren die Nationaldynastie von Luxemburg. Seither sind seine direkten Nachkommen die Herrscher Luxemburgs.