Der Vollblutprofi: Wie Nationalspieler Laurent Jans mit der Stammplatz-Problematik in Metz umgeht

Der Vollblutprofi: Wie Nationalspieler Laurent Jans mit der Stammplatz-Problematik in Metz umgeht

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Wenn man beim französischen Telefonanbieter nicht einmal mehr seinen Namen angeben muss, hat man wohl einen bestimmten Bekanntheitsgrad erreicht. Laurent Jans, Aushängeschild der FLF-Nationalmannschaft, durchlebt trotzdem derzeit eine komplizierte Phase beim FC Metz. Der 26-jährige Sympathieträger bleibt zuversichtlich, da er für den Fußball lebt.

Lesen Sie zu diesem Thema auch den Kommentar von Christelle Diederich

11. Januar 2019, unmittelbar vor dem 20. Spieltag der Ligue 2: Laurent Jans, ohnehin kein sehr begeisterter Fluggast in kleinen Maschinen wie jener des FC Metz, landet nach mehreren gescheiterten Versuchen nicht wie geplant auf dem minimalistischen Flugplatz in Orléans, sondern in der französischen Hauptstadt. Der Profialltag macht’s möglich. Wegen des vielen Nebels wird die Mannschaft nach Paris zurückgeleitet – dort wartet, nach dem Mittagessen wie selbstverständlich, ein Ersatz-Reisebus auf den Kader der „Grenats“. Planänderungen, kurzfristig angesetzte Reisetermine oder Flugreisen: Diese Art von Alltag bringt den 26-jährigen Rechtsverteidiger aus dem bescheidenen Örtchen Deiffelt nicht mehr aus der Ruhe.

Im Sommer 2015 war das noch anders. Der damalige Fola-Verteidiger unterschreibt seinen ersten Profivertrag und wechselt in die erste belgische Liga. Er bricht das Wirtschaftsstudium ab, um sich ausschließlich auf seinen neuen Job zu konzentrieren. „Reinhold Breu sagte mir ganz am Anfang meiner Karriere, ich solle es vermeiden, zu oft nach Hause zu fahren. Autofahrten begünstigen die Regeneration nicht unbedingt.“ Jans ist lernfähig und ehrgeizig – er hört auf den technischen Direktor des nationalen Verbandes und kehrt auch heute nur nach Hause zu seinen Eltern zurück, wenn er mindestens zwei Tage frei hat. „Es war damals schon eine Umstellung. Aber diese Situation erlebt jeder, der von zu Hause weggeht. Als Profifußballer hat man das Glück, dass die Klubs einem viel unter die Arme greifen. Das geht von der Wohnungssuche bis zur Hilfe bei den Steuererklärungen.“

Mehr als die Autobahn

Während die bürokratischen Angelegenheiten keine Hürde darstellen, gehört Kochen trotz fast vierjährigem Profialltag noch immer nicht zu seinem Spezialgebiet. Das ist der Grund, weshalb er meistens mit seinen Teamkollegen frühstückt und zu Mittag isst. Früher kam es schon mal vor, dass seine Mutter ihm etwas eingepackt hat. Mittlerweile ist seine Freundin, mit der er in einem sehr lebendigen Metzer Viertel lebt, die Expertin in der Küche.

Die Lothringer Kleinstadt, die in Luxemburg nicht unbedingt den besten Ruf genießt, hat es dem Fußballspieler im Laufe der vergangenen acht Monate angetan: Spaziergängen und kurzen Wegen sei Dank. „Ich kannte vorher nur den Weg von der Autobahn bis ins Stadion, da ich ab und zu bei einem Spiel von Chris (Philipps) dabei war.“ Jans genießt das Leben in einem sehr modernen und jungen Stadtteil. Seine Wohnung, mit Blick auf das Centre Pompidou, liegt über einem nagelneuen Einkaufszentrum. Auch Trainer Frédéric Antonetti wohnt ganz in der Nähe, er ist allerdings seit Ende Dezember nach Korsika zu seiner erkrankten Frau zurückgekehrt.

Als der Luxemburger im Juli seinen Telefon- und Internetanschluss organisiert, wird ihm zum ersten Mal bewusst, wie fußballverrückt die 117.000-Seelen-Stadt eigentlich ist: „Im Geschäft des Anbieters meinte die Frau mit einem Lächeln im Gesicht: ‹Ihren Namen kenne ich ja schon, den brauchen Sie mir nicht zu nennen.’“ Der Nationalspieler genießt dieses Mittelmaß an Popularität, da er sich trotz seines Status weiterhin ebenfalls anonym in der Stadt bewegen kann. „Die Menschen sind nicht aufdringlich. Oft sind es Kinder, die mich ansprechen. Ich war früher ja nicht anders. Ich habe zu Jeff Strasser aufgesehen, der in der Bundesliga spielte.“ Dieses Kompliment hat er seinem ehemaligen Coach übrigens bisher noch nie in dieser Form gemacht, fügt er schmunzelnd hinzu.

„Ein Business“

Der Escher Coach wird die Aussage von Jans bestätigen, dass von einem Fußballprofi und Aushängeschild nicht nur Leistung während 90 Minuten pro Woche verlangt wird: „In der Vorbereitung hat der Klub uns genau erklärt, wie wir Präsenz im Stadion zeigen müssen oder in welchen Logen wir erwartet werden. Fußballspielen ist zwar die Priorität meines Jobs, aber zu diesem Beruf gehören eben andere Dinge dazu. Es ist ein Business.“ Zum Alltag gehören neben den täglichen Trainingseinheiten, Videoanalysen und Besuch beim medizinischen Stab Autogrammstunden oder freiwillige Quälerei im Kraftraum.

Der 1,78 Meter große Verteidiger ist trotz des Erfolgs immer bescheiden und zugänglich geblieben. „Das Schönste am Profifußballerdasein bleiben die Spiele. Dieses Kribbeln, wenn man ein großes Stadion betritt, ist unbeschreiblich. Und dann denkt man ja immer wieder an die Anfänge zurück und wird sich bewusst, was man bereits erreicht hat.“

Neben seinen Jugendtrainern beim FF Norden 02 haben Nationaltrainer Luc Holtz und Fola-Coach Strasser großen Anteil am Karrieresprung des Öslingers. Als Sechser hatte man den Blondschopf im Juli 2011 aus der ersten Division rekrutiert. Erst als er im Nationaldress aus Personalnot als Rechtsverteidiger (Oktober 2012) – und in anschließenden Rückrunde der BGL Ligue bei den Eschern – auf diesem Posten eingesetzt wird, nimmt der internationale Aufstieg seinen Lauf. Bei Waasland-Beveren etabliert er sich nur drei Jahre später als Stammkraft und Publikumsliebling.

Umso schwieriger ist die aktuelle Situation beim FC Metz. Der Tabellenführer der Ligue 2 verpokerte sich im vorletzten Transferfenster und hat mittlerweile drei Kandidaten für die Rechtsverteidigerposition im Aufgebot. Dass der Sympathieträger der „Roten Löwen“ bei den „Grenats“ nicht gesetzt ist, hat bereits so manchen Luxemburger Fan verärgert. „Ich bin mir bewusst, dass mein Wechsel nach Metz nicht überall positiv bewertet worden ist, weil ich sogar direkt darauf angesprochen wurde. Doch die Leute kennen eben nicht alle Fakten. Sie wissen zum Beispiel nicht, was für Möglichkeiten es gab. Es ist zu einfach, zu behaupten, Metz sei schlechter als Beveren. Allein das Stadion hier ist dreimal größer, das Niveau der Spieler höher. Das Ziel ist nach wie vor, in die Ligue 1 aufzusteigen, um dann in einer der größten europäischen Ligen zu spielen.“

Situation nicht gekannt

Die kollektiven Errungenschaften der aktuellen Saison stellen den Kapitän der Nationalmannschaft zufrieden, der Aufstieg in die höchste Spielklasse bleibt die Mission Nummer eins. Persönlich hingegen hat er mit Iván Balliu und Jonathan Rivierez zwei gleichwertige Konkurrenten, die um einen Platz in der Startelf kämpfen. „Anfangs hatte ich Probleme, damit klarzukommen. Ich habe so eine Situation vorher nicht gekannt“, gibt er zu. Jans ist ein positiver Mensch, der auf seine Chance wittert, obwohl es (wie beim letzten Spiel) nicht immer gut für ihn läuft. „Es ist kompliziert für uns drei. Wenn wir die Möglichkeit bekommen, uns zu beweisen, müssen wir den Fehler vermeiden, zu viel zeigen zu wollen …“

In der Winterpause stärkte der Klub dem Luxemburger noch einmal den Rücken. „Natürlich beschäftigt mich meine Situation. Ich habe das Gespräch mit dem Sportdirektor gesucht, der mir dann bestätigt hat, dass der Verein sehr zufrieden mit mir ist und auf mich zählt.“ Das tut Luc Holtz seit sechseinhalb Jahren. Ende März wird Jans wieder einer seiner Lieblingsbeschäftigungen nachgehen können: das Trikot der FLF-Auswahl überstreifen und die Luxemburger Farben international vertreten. „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es physisch keinen Unterschied macht, ob ich im Verein spiele oder nicht. Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass ich deswegen bei den Länderspielen schlechter sein werde. Bei den Rendezvous der Nationalmannschaft wird man von der Gesamtsituation getragen.“

Bis es so weit ist, wird Jans weitermachen wie bisher und um seinen Stammplatz in Lothringen kämpfen. Dazu gehört auch, sich anhören zu müssen, dass sein ganzes Leben eigentlich nur aus Fußball besteht. Doch für einen Fußballfanatiker und Romantiker ist dies wohl eher Kompliment als Vorwurf.