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Prozess zum Raubüberfall am City Concorde: Übers Telefon waren die Todesschüsse zu hören

Prozess zum Raubüberfall am City Concorde: Übers Telefon waren die Todesschüsse zu hören

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Es hat 21 Jahre gedauert – doch nun muss sich doch jemand für den Raubüberfall und die Tötung eines Geldboten auf dem Parkplatz der City Concorde im Juni 1997 verantworten: ein heute 64 Jahre alter Franzose mit einschlägigen Vorstrafen. Am Mittwoch gingen Polizeibeamte vor Gericht auf den Stand der Ermittlungen ein.

Ein ehemaliger Beamter der Gendarmerie hat sich am Mittwoch, dem zweiten Verhandlungstag, vor Gericht daran erinnert, wie sein mittlerweile verstorbener Chef damals den Notruf entgegengenommen – und übers Telefon sogar noch die letzten Schüsse mitbekommen hatte.

Der Gendarm war dann als einer der Ersten vor Ort in Helfenterbrück. Dort hat er mit diversen Zeugen gesprochen und ein Protokoll darüber an die Kriminalpolizei weitergeleitet.

Am 24. Juni 1997 betrat ein Mitarbeiter der Geldtransportfirma Brink’s & Ziegler gegen 17.30 Uhr das Einkaufszentrum in Bartringen, um dort im ersten Stock die Tageseinnahmen der Kassen abzuholen. Als er sich mit dem Geld wieder zu seinem Transporter begeben wollte, wurde er angerempelt und anschließend von hinten niedergeschlagen. Laut Zeugenaussagen handelte es sich bei den Räubern um einen größeren Mann von rund 1,90 Metern und um einen kleineren von rund 1,60 Metern. Ersterer soll den Geldboten mit einem Revolver von hinten niedergeschlagen haben. Wer den Geldkoffer entwendete, konnte indes nicht geklärt werden.

Nachdem der Geldbote wieder zu sich gekommen war, nahm er die Verfolgung der flüchtenden Räuber auf. Dabei trug er nicht die eigentlich vorgeschriebene kugelsichere Weste, sondern nur seine Dienstuniform. Der größere Mann gab auf dem Weg zum Fluchtauto zwei Warnschüsse ab, von denen sich der Geldbote jedoch nicht beeindrucken ließ. Bei dem Fluchtwagen, einem Renault 21, angekommen, soll der kleinere Dieb auf der Rückbank Platz genommen haben, während sich der andere auf den Beifahrersitz geschwungen haben soll.

Aus Warn- werden Todesschüsse

Der Mitarbeiter der Sicherheitsfirma ließ noch immer nicht locker und konnte den abfahrenden grauen Renault 21 einholen. Als er versuchte, die Beifahrertür aufzureißen, feuerte der 1,90 Meter große Mann einen weiteren Warnschuss ab.

Dann fielen die tödlichen Schüsse: Sie trafen den Geldboten in die Brust und die Lunge. Sie kamen von der Rückbank – also von dort, wo der kleinere Mann saß.

Der Beschuldigte hat mittlerweile graue Haare und einen grauen Bart, aber ist auch heute noch von großer und sportlicher Statur. Während des Prozesses muss er keine Handschellen tragen. Aus Sicherheitsgründen werden ihm jedoch Fußfesseln angelegt.

Die Fragen der Richterin beantwortete er gestern höflich, aber bestimmt und im Stehen. Ansonsten starrte der Angeklagte während der Zeugenaussagen regungslos vor sich hin und lauschte der Dolmetscherin, die während der Sitzung simultan übersetzte.

Es konnten keine brauchbaren Angaben zum Fahrer des Fluchtautos gesammelt werden. Das Fahrzeug mit der zerschossenen Heckscheibe wurde damals auf dem Parkplatz der Belle Etoile gefunden.

Die Ermittlungen der Beamten konzentrierten sich zunächst auf eine Bande Kleinkrimineller aus Luxemburg, da sie einen Tipp von einem Informanten erhalten hatten. Die Verdächtigen gingen niemals einer geregelten Arbeit nach und hatten trotzdem haufenweise Bargeld zur Verfügung. Später wurde aber klar: Mit dem Überfall auf den Geldboten hatten sie nichts zu tun.

DNS-Spur führt zum Angeklagten

Erst über eine erneute Untersuchung von DNS-Spuren kamen die Ermittler 2010 dem Angeklagten auf die Schliche: In einem Wagen in Belgien waren seine Spuren gefunden worden, worauf er mit dem Raubmord in Verbindung gebracht wurde. 2011 wurde der Beschuldigte in Frankreich festgenommen – allerdings nicht für die mutmaßliche Beteiligung am Raubüberfall in Luxemburg, sondern wegen mehrerer Überfälle auf Supermärkte in Frankreich, wofür er zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Bei den ersten Verhören mit den luxemburgischen Beamten machte der Angeklagte von seinem Recht Gebrauch, seine Aussage zu verweigern. 2015 brach der heute 64-Jährige aber sein Schweigen. Er gab an, ein Bekannter von ihm habe ihm anvertraut, den Fluchtwagen am 24. Juni 1997 gefahren zu haben. 2013 war dieser bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen. Am Überfall auf den Geldboten in der City Concorde will er jedoch nicht beteiligt gewesen sein.