1963, 1995, 2018: Wann war Luxemburgs Fußball besser?

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Eine Kolumne von Petz Lahure

Für die Fußball-Nationalmannschaft beginnt am Mittwoch die Vorbereitung auf die beiden EM-Qualifikationsspiele gegen Litauen und die Ukraine, die im nächsten Monat (22. und 25. März, 20.45 Uhr) im Stade Josy Barthel ausgetragen werden. Auf die Luxemburger Auswahl wartet ein schweres Programm, denn neben den oben genannten Mannschaften befinden sich auch noch Serbien und Portugal in der EM-Gruppe B.

Ob die Holtz-Truppe, die in den vergangenen Jahren mit einer ganzen Reihe schöner Erfolge aufwartete, denn nun die beste Luxemburger Fußball-Nationalmannschaft aller Zeiten sei, werde ich vielerorts gefragt. Oder diejenige von 1963, die es bis ins Viertelfinale der Europameisterschaft schaffte und dort erst im Entscheidungsspiel an Dänemark scheiterte (0:1)? Oder etwa diejenige von 1995, der es gelang, zehn Punkte in den Qualifikationstreffen im Hinblick auf die EM-Endrunde 1996 zu erspielen?*

Karrierestart mit gehörigen Klatschen

Fangen wir vorne an. Im Herbst 1960 übernahm der Deutsche Robert Heinz, der zuvor die Rheinland-Auswahl, den VfL Trier und danach Eintracht Trier betreut hatte, die Luxemburger Mannschaft als Trainer. Seine Karriere als FLF-Coach (insgesamt 64 Spiele) begann mit einigen gehörigen Klatschen: 2:4 gegen Belgien B, 0:9 gegen England, 0:3 gegen Belgien B, 0:6 gegen Portugal usw.

Bis zum Herbst 1961 hatte Heinz seine Elf fit gemacht. Sie unterlag im Highbury-Stadion von London zwar 1:4 gegen England, wartete einen Monat später aber mit einem sensationellen 4:2-Sieg über Portugal auf (8.10.1961), wobei Ady Schmit drei Tore erzielte. Die Mannschaft, die im Oktober 1963 Holland aus dem EM-Rennen warf (1:1 in Amsterdam, 2:1 in Rotterdam) und danach im Viertelfinale erst im Entscheidungsspiel an Dänemark scheiterte (3:3, 2:2, 0:1), war geboren.

Heinz hatte im Laufe der Zeit eine Viererabwehrkette (Erny Brenner, Jim Hoffstetter, Fernand Brosius, Bizzi Konter) zusammengebaut, die sich blindlings verstand und die Abseitsfalle manchmal so perfekt spielte, dass den gegnerischen Stürmern (und so manchem Zuschauer) die Lust am Sport verging. Vorne konnte der deutsche Trainer fest auf Camille Dimmer oder Johny Léonard zählen, an deren Seite Vollblutfußballer wie Louis Pilot, Ady Schmit, Schnuck May und die spritzigen Außenstürmer Jean und Bizzi Klein (beide nicht verwandt) standen. Nach der EM knüpfte die so erfolgreiche Mannschaft von 1963 nie mehr an ihre Leistungen an, sie verlor manchmal sogar mit fünf Toren Unterschied und konnte nur noch am 16. April 1967 im EM-Spiel gegen Polen punkten (0:0).

Paul Philipps Luxemburger Modell

Auch die Elf, die im Jahr 1995 zehn Zähler in der EM-Qualifikationsgruppe 5 holte, erlebte zuvor und danach Höhen und Tiefen. Paul Philipp (insgesamt 87 Spiele) war im Herbst 1985 als Nationalcoach verpflichtet worden, er führte das sogenannte Luxemburger Modell ein, das am Kippen war, ehe es nach Malta ging.

Trotz manchmal sehr guten Spiels lief Philipps Team in den ersten Jahren einem Sieg hinterher. Es gab zwar zwei Unentschieden in offiziellen Begegnungen mit Schottland (WM, 0:0) und im Brüsseler Heysel-Stadion gegen Belgien (EM, 1:1), auch trotzte die Luxemburger Mannschaft Portugal und Island ein 1:1 in Freundschaftsspielen ab, aber zu einem Erfolg reichte es nicht.

Man muss sich die Freude vorstellen, als Manuel Cardoni seine Elf am 22. Februar 1995 auf Malta zum 1:0-Sieg schoss. Ganze 22 Jahre und vier Monate lang (zuletzt am 22.10.1972 gegen die Türkei) hatte Luxemburg kein offizielles Spiel mehr gewonnen, und nun endlich die Erlösung. Es sollte noch besser kommen, denn im selben Jahr wurde im Stade Josy Barthel auch der spätere EM-Finalist Tschechien 1:0 besiegt. Zählt man den Erfolg im Rückspiel über Malta (1:0) und das 0:0-Unentschieden gegen Weißrussland hinzu, kommt man auf zehn Punkte (drei Siege, ein Unentschieden), eine bis dato von keiner Luxemburger Mannschaft in einer Qualifikation erreichte Zahl.

Löwen lehrten Deutschland das Fürchten

Das Grundgerüst für das Team mit den zehn Punkten bastelte Paul Philipp in den vorherigen Kampagnen zusammen. Es bestand aus Carlo Weis, Marc Birsens, Guy Hellers, Jeff Saibene, Joël Groff und Roby Langers, die schon viereinhalb Jahre zuvor (31.10.1990) zu dem Aufgebot gehört hatten, das Deutschland bei der knappen 2:3-Niederlage das Fürchten gelehrt hatte. Dem amtierenden Weltmeister verging damals in der zweiten Halbzeit Hören und Sehen. Auch ein Paul Philipp, der in erster Linie auf die Sicherung des eigenen Strafraums bedacht war, konnte also auf Angriff umschalten, wenn die Situation es erlaubte.

Mit der Berufung von Luc Holtz (bislang 77 Spiele als Coach) im August 2010 an die Spitze der Nationalelf änderte sich die Spielweise der Luxemburger Mannschaft. Die Angst, ein Tor zu kassieren, sollte verdrängt und der Ball stattdessen über viele Stationen aus der Abwehr heraus nach vorne gespielt werden. Obwohl dadurch die Verteidigung manchmal sträflich vernachlässigt wurde und es Rückfälle wie beim 0:8 in Solna gegen Schweden oder dem 0:4 gegen Österreich gab, stellte sich der Erfolg ein.

Hauptziel nicht erreicht

Allein in den beiden letzten Jahren feierte die Luxemburger Mannschaft Siege über Albanien (2:1), Weißrussland (1:0), Ungarn (2:1), Malta (1:0), Georgien (1:0), Moldawien (4:0), San Marino (zweimal 3:0) und spielte unentschieden mit dem späteren Weltmeister Frankreich (0:0 in Toulouse), Bulgarien (1:1), Senegal (0:0) und zuletzt Moldawien (1:1). Das Hauptziel, eine Qualifikation für die Play-offs des Nations Cup, aber erreichten Holtz und sein junges Team nicht. Stattdessen arbeiteten sie sich 2017 bis auf den 83. Platz in der FIFA-Weltrangliste nach vorn (derzeit Rang 87), die absolute Topplatzierung in der FLF-Geschichte.

Wer ist denn nun die beste Luxemburger Fußballmannschaft aller Zeiten? Schwer zu sagen. Alle drei haben Argumente in der Hand, um den Titel für sich zu beanspruchen. Sie miteinander zu vergleichen ist unmöglich, da sich die Spielweise in den letzten 60 Jahren radikal geändert hat. Eine Antwort auf die Frage gibt es vielleicht, wenn man endlich weiß, wer der beste Trainer ist: Robert Heinz, Paul Philipp oder Luc Holtz?
Das herauszufinden wäre eine andere Kolumne wert.

*) Vor 1960 wurde auch schon Fußball gespielt, doch so erfolgreich auf allerhöchstem Niveau wie die oben genannten drei Mannschaften war keine Luxemburger Auswahl.